Ernst Raupach: Der Nibelungen-Hort. Tragödie in fünf
Ernst Raupach: Der Nibelungen-Hort. Tragödie in fünf
Ernst Raupach: Der Nibelungen-Hort. Tragödie in fünf
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Me<strong>in</strong> Brot erbetteln an den Kirchenpforten:<br />
Nur diese Hölle, diese Schande nicht!<br />
Nicht mit der Trauer um den frommen Gatten<br />
Im wunden Herzen, mit der heißen Thräne<br />
Im Auge noch, des zweiten Mannes Weib,<br />
Des Heiden Weib! Nicht statt des Edelfalken<br />
Den Geier mir, der sich vom Aase nährt!<br />
Das thät’ e<strong>in</strong> Wütherich, e<strong>in</strong> Bruder nicht.<br />
Günther.<br />
Was schrei’st Du jetzt <strong>in</strong> mir den Bruder an,<br />
Den Du vergaßest, als Du öffentlich<br />
Verleumderisch mir Weib und Ehre schmähtest?<br />
Chriemhild.<br />
Vergiß! vergiß! Ich will ja mehr vergessen.<br />
Nur me<strong>in</strong>er, uns’rer Ehre, Herr, gedenke!<br />
Schmach wär’s für Dich und mich und me<strong>in</strong>en Sohn,<br />
Für der Burgunden ganzes Königshaus,<br />
Würd’ ich, die Christ<strong>in</strong>, dieses Heiden Weib!<br />
Denn solchen Bund verdammen Glaub’ und Sitte.<br />
Günther.<br />
Was kümmert’s uns? geme<strong>in</strong>e Sitte b<strong>in</strong>det<br />
Die Kön’ge nicht.<br />
Chriemhild.<br />
Es giebt nur e<strong>in</strong>e Sitte,<br />
Die b<strong>in</strong>det Kön’ge, wie sie Knechte b<strong>in</strong>det.<br />
Me<strong>in</strong> Bruder! o me<strong>in</strong> Bruder! höre mich!<br />
Ich habe me<strong>in</strong>em Herrn, als er zum Tod<br />
Aus me<strong>in</strong>en Armen g<strong>in</strong>g, geschworen, ewig,<br />
Verlör’ ich ihn, das Wittwenkleid zu tragen.<br />
Ich habe Gott − me<strong>in</strong> Herz gab mir das Recht<br />
110