Getränkesteuer: Eine unendliche Geschichte ist aus
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Kommunal: Archäologie vs. Wirtschaft107<br />
Österreich und sein kulturelles Erbe – Gemeinden tun ihr möglichstes<br />
Gefährdet Streit ums Geld die<br />
Bodendenkmäler ?<br />
Immer wieder werden bei den Vorarbeiten zu Bauprojekten einer<br />
Gemeinde oder auch privater Häuslbauer archäologisch interessante<br />
Funde gemacht. Dass soetwas auch zu Problemen führen kann, zeigt<br />
ein Beispiel in Niederösterreich. Laut der Online-Plattform Kommunal-<br />
net.at von 9. April <strong>ist</strong> dort dem Bürgerme<strong>ist</strong>er von Tulln ob der<br />
Zeitverzögerung und der Kosten „der Kragen geplatzt“.<br />
KOMMUNAL hat auch „gegraben“ und <strong>ist</strong> fündig geworden.<br />
Mag. Hans Braun<br />
„Willy Stift <strong>ist</strong> eine Naturgewalt.<br />
Wenn der streitbare Bürgerme<strong>ist</strong>er<br />
von Tulln den Raum betritt<br />
fällt er sofort auf. Hemdsärmelig<br />
und mit lauter Stimme verschafft<br />
sich der Stadtchef blitzartig<br />
Gehör. Gerade in den vergangenen<br />
Tagen und Wochen<br />
redet sich Stift immer öfter in<br />
Rage“ (das ganze Interview <strong>ist</strong><br />
auf www.kommunalnet.at zum<br />
Nachlesen).<br />
Anlass für Stifts Zorn sind die<br />
archäologischen Funde im Zuge<br />
der Bauarbeiten für eine Tiefgarage<br />
am Tullner Hauptplatz. Eigentlicher<br />
Grund für die Verärgerung<br />
dürften freilich nicht so<br />
sehr die Grabungen, sondern<br />
mehr die gesetzlichen Rahmenbedingungen<br />
und Gemeindeverpflichtungen<br />
in so einem Fall<br />
sein. „Jetzt reicht's mir“, don-<br />
Wieviele Scherben<br />
wollen wir noch<br />
<strong>aus</strong>graben? Wer<br />
das will, der soll<br />
die Arbeiten dafür<br />
auch bezahlen.<br />
Willy Stift, Bürgerme<strong>ist</strong>er<br />
von Tulln<br />
nerte Stift laut Kommunalnet<br />
Journal<strong>ist</strong>en in die Mikrofone.<br />
„Bald werden wir jeden einzelnen<br />
Römer, der je in der Tullner<br />
Gegend gelebt hat, persönlich<br />
anhand seines Besitzes identifizieren<br />
können. Ich bin dauerhaft<br />
nicht bereit, die Kos ten für solche<br />
Grabungen zu übernehmen.“<br />
Die „Gegenseite“ wiederum <strong>ist</strong><br />
eher verwundert: „Wir sind sehr<br />
erstaunt, dass der Herr Bürgerme<strong>ist</strong>er<br />
in den letzten Tagen<br />
plötzlich medial so explodiert<br />
<strong>ist</strong>“, zeigt sich Uta Scholz, Projektleiterin<br />
des Bundesdenkmalamts<br />
(BDA), verwundert. „Bislang<br />
verliefen alle Grabungsprojekte<br />
in Tulln eigentlich sehr<br />
harmonisch.“<br />
Zur Vorgeschichte: Bei den Grabungsarbeiten<br />
für die geplante<br />
Tiefgarage unter dem alten Tullner<br />
Hauptplatz stieß man – fast<br />
erwartungsgemäß – einerseits<br />
auf die Reste einer römischen<br />
Siedlung und andererseits auf<br />
die Spuren des Marktplatzes,<br />
der sich schon im Mittelalter an<br />
dieser Stelle befunden hat. Das<br />
BDA verfügte sofort einen B<strong>aus</strong>topp<br />
und sicherte ein Areal von<br />
rund 1000 Quadratmeter, um<br />
die h<strong>ist</strong>orischen Überreste zu sichern<br />
und zu dokumentieren.<br />
Um mit den Worten des BDA zu<br />
sprechen: „Bedingt durch zahlreiche<br />
Bauvorhaben in dem bis<br />
Ein Bronzestatuette des römischen<br />
Gottes Jupiter von der Grabung<br />
Tulln-Hauptplatz belegt die Bedeutung<br />
der Grabungen an sich.<br />
dato weitgehend unversehrten<br />
innerstädtischen Bauensemble<br />
wird nun auch die im Boden<br />
verborgene <strong>Geschichte</strong> einer der<br />
ältesten h<strong>ist</strong>orischen Städte<br />
Österreichs untersucht, die auf<br />
eine über 2000-jährige Besiedlung<br />
zurückblickt.“<br />
Das Gesetz <strong>ist</strong> in so einem Fall<br />
eigentlich eindeutig: Alle Bauarbeiten<br />
müssen gestoppt werden,<br />
Funde nicht nur gesichert, sondern<br />
auch gemeldet werden (die<br />
Meldepflicht liegt unter anderem<br />
beim Finder, beim Bauberechtigem<br />
oder auch beim Besitzer<br />
des Grundstücks). Und an<br />
der Stelle, wo laut Gesetz der<br />
„Grundstücksbesitzer“ die Kos -<br />
ten im Falle eines Fundes zu tragen<br />
hat, beginnen – nicht nur<br />
für Gemeinden – die Probleme.