Die Leonidow-Kugel. Zur technischen Paßfähigkeit moderner ... - WZB
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1997) zitiert wurde, und zwar in der 1969 abgeschlossenen Rekonstruktion des<br />
Berliner Alexanderplatzes. Allerdings so, daß sich der bauliche und<br />
raumgestalterische Richtungssinn der Instituts-Konstruktion ins Gegenteil verkehrte.<br />
In dem Areal um das »Intecta«- und »Berolina«-Haus wurden alle Architektone<br />
<strong>Leonidow</strong>s versammelt, angefangen von den administrativen Gebäuden (»Haus der<br />
Elektrotechnik«) und Wohntrakten (»Neubaublöcke«) über den Bücherturm (»Haus<br />
des Lehrers«) und den Versammlungsraum (»Kongreßhalle«) bis hin zur Hochbahn-<br />
Station (S-Bahnhof) und dem Antennenmast (»Fernsehturm«). Selbst seine<br />
Glas/Metall-<strong>Kugel</strong>, fand sich in der Konstruktion des »Telespargels« wieder.<br />
Allerdings sprechen sowohl die Gestalt, in der sich die Architektone hier<br />
wiederfanden als auch die Art und Weise, in der sie versammelt waren, dem „Poeten<br />
der reinen Form" Hohn, insbesondere was den Raumumgang anbetraf.<br />
Im Gegensatz zu <strong>Leonidow</strong>s Entwurf, in dem sich die Behutsamkeit der<br />
sowjetischen Avantgarde-Architekten gegenüber der Erde und dem Raum<br />
paradigmatisch aussprach, demonstrierte der postfunktional umgebaute Komplex<br />
eine urbane Dialektik, in der die Besetzung, Verstellung und Todlegung von Räumen<br />
vorbildlich ineinandergriffen. Wer täglich den Alexanderplatz über- oder unterquerte,<br />
um vom S-Bahnhof zum »Haus des Reisens« und von dort weiter in seine<br />
Wohnzelle zu gelangen, machte schnell die Erfahrung, wie auch der entleerte Raum<br />
eine Last sein kann.<br />
4. <strong>Die</strong> technische <strong>Paßfähigkeit</strong> der Konstruktion: Fragen, Chancen und<br />
Grenzen der Realisierbarkeit<br />
4.1. <strong>Die</strong> Fragen: Architektonische Stile und technische <strong>Paßfähigkeit</strong><br />
In der zuvor skizzierten Geschichte des Aufstiegs und der Verdrängung des <strong>Kugel</strong>-<br />
Architektons wurde bereits deutlich, daß es falsch wäre, die Verdrängung der<br />
„<strong>Leonidow</strong>erei" durch den „Zuckerbäckerstil" hauptsächlich oder gar ausschließlich<br />
einer einzigen Person, nämlich Stalin, und/oder einer Gruppe ihm ergebener<br />
„stalinistischer Empire"- Architekten zuzurechnen.<br />
<strong>Die</strong>s bedeutet natürlich nicht, daß Stalin den architektonischen<br />
Gestaltungskonzepten keine Aufmerksamkeit geschenkt hätte. Genügend spricht<br />
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