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Die Leonidow-Kugel. Zur technischen Paßfähigkeit moderner ... - WZB

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Der gegenwarts-zentrierte Antifunktionalismus bezog seine Zitate aus dem<br />

ewigen Hier und Heute. Er verklärte die bestehende als die beste aller Welten, in<br />

der die Geschichte nun zur Vernunft kommen und ihre wohlverdiente Ruhe finden<br />

konnte. <strong>Die</strong>ser Antifunktionalismus war tendenziell volkstümelnd. Er diente sich nicht<br />

den Bildungseliten, sondern den kleinen Leuten an. Er setzte sie und ihr tägliches<br />

Tun und Treiben architektonisch in Szene. Er huldigte ihrem Fleiß und ihren<br />

Tugenden, ihren Sitten und Gebräuchen. Und vor allem ermunterte er sie dazu, so<br />

zu bleiben, wie sie waren und ihr nationales, kulturelles, klassenmäßiges oder<br />

sonstiges Wesen zu bewahren. <strong>Die</strong> Architektone des gegenwarts-zentrierten<br />

Antifunktionalismus spiegelten über ihre volkstümelnde Ornamentik den kleinen<br />

Leuten deren Verharrungsängste als Beharrungskräfte zurück, auf die sie stolz sein<br />

konnten und derer sie sich bedienen sollten, um den Wogen der Modernisierung zu<br />

trotzen. Im Unterschied zum historisch-zentrierten suchte sich der gegenwarts-<br />

zentrierte Antifunktionalismus nicht in der vergangenen Bewegung, sondern im<br />

endgültigen Stillstand der Geschichte zu verankern, indem er seine Architektone an<br />

die Trägheit der Massen fesselte. Aber wie den Poeten der Historie, war auch den<br />

Poeten der ewigen Gegenwart die profane Nutzung ihrer Bauten letztlich<br />

gleichgültig.<br />

Im Verlaufe der Entstehung (30er Jahre), Festigung (40er und 50er Jahre)<br />

und schließlich beginnenden Auflösung (60er Jahre) der organisierten Moderne,<br />

machten zwei dieser Strömungen in deren westlichen Gesellschaften steil Karriere,<br />

und zwar der maschinen-zentrierte Funktionalismus, der als »Modernismus« und der<br />

historisch-zentrierte Antifunktionalismus, der als »Postmodernismus« in die<br />

Architekturgeschichte einging.<br />

Auf den ersten Blick schienen beide nichts miteinander gemein zu haben,<br />

denn nicht nur begrifflich, auch programmatisch gab sich der »Postmodernismus«<br />

offen als Feind und Überwinder der Stadt- und Wohnmaschinen-Architektur zu<br />

erkennen, die in der Blütezeit der organisierten Moderne alltagsweltlich Gestalt<br />

annahm. Gegen die Monotonie der Räume, die Einförmigkeit der Wohnsilos und die<br />

Öde der Satellitenstädte, gegen die ganze Tristes und Kahlheit des »Modernismus«<br />

zog der »Postmodernismus« mit einem, wie Charles Jencks es nennt, „radikalen<br />

Eklektizismus" (Jencks 1980, S. 17) zu Felde, in dem die Ornamentik nicht nur<br />

rehabilitiert, sondern inthronisiert wurde. Dabei überboten sich die verschiedenen<br />

Spielarten des »Postmodernismus« in ihrer baukünstlerischen <strong>Die</strong>nstbeflissenheit<br />

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