Die Leonidow-Kugel. Zur technischen Paßfähigkeit moderner ... - WZB
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Um die Losung »Wir sind ein Volk«, unter der die DDR-Deutschen ihren Beitritt zur<br />
Bundesrepublik erzwangen, kreiste der Start einer Debatte, die sieben Jahre nach<br />
der legendären Wende und sechs Jahre nach der Selbstauflösung der DDR im<br />
November 1996 anlief. Anlaß dieser Debatte war das, auch als „Cityplan" (Berliner<br />
Zeitung) oder „Masterplan" (Tagesspiegel) bezeichnete „Planwerk Innenstadt" (die<br />
tageszeitung/scheinschlag). <strong>Die</strong>ses Planwerk wurde unter der Schirmherrschaft des<br />
Berliner Senators für Stadtentwicklung, Peter Strieder, vom Staatssekretär Hans<br />
Stimmann in Auftrag gegeben und von <strong>Die</strong>ter Hoffmann-Axthelm und Bernd Albers<br />
für die City Ost und Fritz Neumeyer und Manfred Ortner für die City West erarbeitet.<br />
Daß die Debatte zunächst nicht nur kontrovers, sondern teilweise auch<br />
erbittert und verbittert geführt wurde, resultierte zum einen aus der unmittelbaren<br />
Vor- und Entstehungsgeschichte des Cityplanes. Bereits 1991 wurde unter<br />
Federführung von Stimmann und Mitarbeit von Hoffmann-Axthelm ein Regelwerk zur<br />
„kritischen Rekonstruktion der Stadt" erarbeitet, das sich „von vornherein als<br />
Kreuzzug gegen den DDR-Städtebau" erwies, „der als »Störung« des<br />
Stadtgrundrisses betrachtet wurde" (Bodenschatz 1996). Als dann bei den auf<br />
diesem Regelwerk fußenden Masterplanungen „wesentliche Teile fachlich<br />
Qualifizierter und politisch Engagierter fast konspirativ von diesem Prozeß<br />
ausgeschlossen wurden" (Dreyer 1996), war „frontaler Widerstand programmiert"<br />
(Klemann 1996) und es stand zu befürchten, daß nicht wenige Menschen das<br />
Planwerk Innenstadt „als Aggressionsakt erleben" (Hain 1996) würden. <strong>Die</strong>se<br />
„bemerkenswerte Überheblichkeit bei der Planung" (Kleemann 1996) führte in Ost-<br />
wie West-Berlin und quer durch alle Parteien und Parteiungen zu erheblichen<br />
Verstimmungen. <strong>Die</strong> Erbitterung erwuchs jedoch nicht nur aus der Form, in der das<br />
Planwerk Innenstadt das Licht der Öffentlichkeit erblickte, sondern vor allem aus<br />
dessen Inhalten, genauer, aus dem sozialpsychologischen Punkt, an dem es bei den<br />
Menschen ansetzte und den architektonischen Hebeln, mit denen es sie ins 21.<br />
Jahrhundert zu dirigieren gedachte.<br />
Was zunächst den sozialpsychologischen Ansatzpunkt des Cityplanes<br />
anbelangte, verriet der Streit sehr schnell, daß die Masterplaner mit ihrem Projekt<br />
nicht nur viele Menschen verfahrenstechnisch und demokratisch unangenehm<br />
berührten, sondern damit bei ihnen direkt in eine offene Wunde stießen, nämlich in<br />
ihr tiefes und ungestilltes Verlangen nach der deutschen Einheit. Der Schmerz, den<br />
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