07.10.2013 Aufrufe

Die Leonidow-Kugel. Zur technischen Paßfähigkeit moderner ... - WZB

Die Leonidow-Kugel. Zur technischen Paßfähigkeit moderner ... - WZB

Die Leonidow-Kugel. Zur technischen Paßfähigkeit moderner ... - WZB

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Experten-, sondern auch in den Alltagswelten der Menschen rasant Raum greifen,<br />

naturgemäß besonders groß. Aus heutiger Sicht mögen die oben erwähnten<br />

Projekte der fliegenden, schwebenden, schwimmenden, abgefederten und<br />

drehbaren Architektone völlig unrealistisch und wirklichkeitsfremd anmuten, damals<br />

jedoch sahen viele sowjetische Avantgarde-Architekten die ding-<strong>technischen</strong><br />

Möglichkeiten, auf die hin sie ihre Architektone projektierten, in einem anderen Licht.<br />

Vielfach mußte sich ihnen der Eindruck aufdrängen, von der ding-<strong>technischen</strong><br />

Entwicklungsdynamik überrollt zu werden und ihr schon in der Entwurfsphase<br />

hinterherzuhinken. Nicht die ding-<strong>technischen</strong> Möglichkeiten überschritten, sondern<br />

sie in ihren Projekten nicht ausgeschöpft zu haben, wurde ihnen vorgeworfen.<br />

Hannes Meyer, der nach seinem Hinauswurf aus dem Bauhaus Dessau vom<br />

Obersten Volkswirtschaftsrat der UdSSR als Hauptarchitekt des Trustes<br />

»Giprowtus« und Professor des »WASI«-Architektur- und Bauinstituts in die<br />

sowjetische Hauptstadt berufen wurde, berichtete damals von einer Begegnung, die<br />

dies sehr anschaulich deutlich machte:<br />

„Noch im September 1934 stand ich mit einem hohen Kommandeur der Roten<br />

Armee auf der Birobidshaner Sopka und legte ihm die Eigenarten des<br />

Verkehrssystems der künftigen jüdischen Hauptstadt dar. «Genösse Professor»,<br />

sagte er, «warum rechnet ihr Städtebauer immer nur mit Autobus und Tramway. <strong>Die</strong><br />

Kapitalisten fliegen doch auch in der Luft spazieren und zu ihren Fabriken. Warum<br />

sollen unsere Werktätigen denn nicht durch die Luft von der Wohnstadt zur<br />

Arbeitsstätte fliegen?» Er hatte recht, dieser ehemalige Schriftsetzer aus Riga, und<br />

er beschämte mich durch seinen eisernen Glauben an die ungeahnten<br />

schöpferischen Möglichkeiten im Sozialismus." (Meyer, H. 1980, S. 187) Und nicht<br />

nur Meyer, sondern beispielsweise auch Henry Ford, dem beileibe keine<br />

Sozialismusfreundlichkeit nachgesagt werden konnte, und dessen Mitarbeiter<br />

zeigten sich in ähnlicher Weise beeindruckt (Hughes, Th. 1991, S. 279ff.).<br />

Aber auch dort, wo es nicht um die Ausschöpfung potentieller, sondern die<br />

Nutzung etablierter Ding-Techniken ging, hatten Architekten das Gefühl, nicht auf<br />

der Höhe der Zeit zu sein. „Oft", schrieb Meyer, „reichte auch meine<br />

baufachmännische Erfahrung nicht aus, um dem Entwicklungstempo der geforderten<br />

Bauaufgaben gerecht zu werden. Verstärkt wurde diese Einsicht in meine<br />

Unzulänglichkeit, als ich in den Städtebauinstituten Giprogor und Standardgorprojekt<br />

36

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!