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Die Leonidow-Kugel. Zur technischen Paßfähigkeit moderner ... - WZB

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dieser Vorstoß verursachte, war nicht nur erheblich und parteiübergreifend, er<br />

verband auch Protagonisten und Kritiker des Planwerkes.<br />

„Nun wächst zusammen, was zusammen gehört?" (Hain 1996, S. 8) war die<br />

analyseleitende Frage, die sich die Kunsthistorikerin Simone Hain bei ihrer<br />

grundsätzlichen Kritik und kategorischen Abweisung des Masterplanes stellte. Aber<br />

genau darauf ziele doch das Planwerk, erklärten seine geistigen Väter. Es ginge<br />

doch gerade darum, Berlin „zur Szene der Vereinigung" (Hoffman-Axthelm/Albers<br />

1996a, S. 6) zu machen und „nach der administrativen Vereinigung auch das<br />

mentale Zusammenwachsen Berlins voranzutreiben" (Strieder 1997). <strong>Die</strong>ses Ziel<br />

nicht nur verfehlt, sondern mit den Masterplanungen geradezu konterkariert zu<br />

haben, bescheinigte der Bau- und Verkehrssenator Jürgen Klemann (CDU) seinem<br />

SPD-Kollegen, indem er darauf verwies, daß dieser „völlig verkannt (habe), welche<br />

Empfindungen und Sensibilitäten gerade im Ostteil der Stadt ausgelöst werden,<br />

wenn man Planern, Architekten und Bürgern in dieser Weise mit einem solchen Plan<br />

zu nahe tritt" (Kleemann 1996). Mit seiner Auffassung, daß man damit das Planwerk<br />

zu einem „Schubladenprojekt" (Kleemann 1996) mache, stand Kleemann nicht allein.<br />

So meinte Sabine Ritter von den Bündnisgrünen, daß der Masterplan zum großen<br />

Teil „ein Ding fürs Klo" (zit. nach Lautenschläger 1997) sei und Thomas Flierl, der<br />

kulturpolitische Sprecher der PDS-Fraktion im Abgeordnetenhaus, forderte<br />

„Stadtvertrag vor Planwerk" und rief dazu auf, „die kulturelle Einigung der Stadt<br />

diskursiv zu vollziehen" (Flierl Th. 1996). Für einen solchen Diskurs plädierte auch<br />

der Architekturtheoretiker Bruno Flierl, „damit wir als geteilte Stadt in die Zukunft<br />

hinein eine gemeinsame Identität suchen und finden" (Flierl B. 1996).<br />

Es war auffällig, daß sich in der ansonsten thematisch breit gefächerten und<br />

inhaltlich tief gestaffelten Planwerk-Debatte immer dann, wenn von „mentalem<br />

Zusammenwachsen", „Vereinigung" oder „kultureller Identitätsfindung" die Rede war,<br />

die Argumentationsperspektive rapide auf die deutsch/deutschen Befindlichkeiten<br />

verengte. <strong>Die</strong> Diskussion öffnete sich nur wenig und bei manchen Diskutanten<br />

überhaupt nicht den Ausländern, dem Ausland und dem Fremden. Auch die<br />

akademisch profiliertesten und politisch engagiertesten Wortmeldungen machten da<br />

keine Ausnahme. So referierte beispielsweise Simone Hain ausführlich Tourains<br />

„These von der 80:20 Ausgrenzung als möglichem neuen europäischen<br />

Gesellschaftsmodell" (Hain 1996, S. 9), was sie zum „Problem der Integration"<br />

führte, um es dann - alle in der Stadt lebenden Ausländer überspringend und nicht<br />

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