Die Leonidow-Kugel. Zur technischen Paßfähigkeit moderner ... - WZB
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verfügt über Reiterstandbilder, der Triumphbogen der ersten Schleuse besitzt viele<br />
Details, wie Obelisken, Tympana und Trophäenschmuck (Major 1984, S. 496/496).<br />
Der volkseigentümliche Kanal huldigte so nicht nur seinen Ding-Technikern, den<br />
Arbeitern und Ingenieuren, die ihn erbauten, sondern allen kleinen Leuten, die sich<br />
aus den zaristischen Verhältnissen in die Zukunft aufgemacht hatten, um dort einen<br />
gewissen Zustand des Glücks zu erreichen.<br />
Der „stalinistische Empire" verdrängte jedoch mit seiner<br />
Ornamentierungsoffensive nicht nur die Architektone der „<strong>Leonidow</strong>erei", die sich<br />
gegenüber derartigen baukünstlerischen Aufheizungsverfahren verschlossen, er<br />
zersetzte damit auch die „<strong>Leonidow</strong>erei" von innen heraus und vertrieb sie aus ihren<br />
eigenen Entwürfen. Ein eindringliches Beispiel dafür, wie selbst Vorreiter der<br />
„<strong>Leonidow</strong>erei" versuchten, ihren eigenen Architektonen die Kälte auszutreiben und<br />
sich bei den kleinen Leuten einzuschmeicheln, sind zwei Lehrer <strong>Leonidow</strong>s, und<br />
zwar die Gebrüder Wesnin. In einer ganzen Reihe ihrer in den 30er Jahren<br />
entstandenen Entwürfe ist immer wieder der verzweifelte Versuch erkennbar, die<br />
eiskalte Sachlichkeit des eigenen Projekts durch Bekunstung des Architekturkörpers<br />
wieder aufzutauen, um es auf die im Lande herrschende selbst-technische<br />
Durchschnittstemperatur zu erwärmen.<br />
Sehr deutlich zeigt dies ein Projekt der Wesnin-Brüder, das unter<br />
Konsultation von Ginsburg entstand, also jenes Avantgarde-Architekten, der noch<br />
zehn Jahre zuvor forderte, seine Berufskollegen sollten sich nicht als Dekorateure,<br />
sondern als Organisatoren des Lebens begreifen. Bei dem Projekt, von dem hier die<br />
Rede ist, handelt es sich um das „Gebäude des Narkomtjashprom in Moskau" (1934)<br />
(Chan-Magomedow 1983, Abb. 702). Auf einem glatten Grundquader stehen vier<br />
verglaste Hochhaustürme. <strong>Die</strong> Erwärmung von außen: Auf der Eingangsebene wird<br />
um das gesamte Bauwerk ein säulengestützter Wandelgang herumgelegt - eine<br />
Synthese von Polis-Kultur und Gartenlaubenidylle. Um das kühle Ebenmaß der<br />
Fassade aufzuheizen, ziehen die Architekten aus dem Grundquader immer wieder<br />
Vorsprünge heraus, an deren Stirnseiten Skulpturen Szenen aus dem Arbeitsleben<br />
darstellen - hier sind weithin sichtbar die Alltagsgeschäfte der Menschen in Stein<br />
gehauen. <strong>Die</strong> Erwärmung von innen: <strong>Die</strong> vier Glashäuser werden so untereinander<br />
torbogenartig verstrebt, daß der Eindruck entsteht, hier hätte man es nicht nur mit<br />
einem, sondern gleich mit drei Triumphbögen zu tun. Und zwar von einer solchen<br />
Größe, daß ihr Pariser Urbild in jedem von ihnen gleich mehrere Male Platz fände.<br />
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