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Die Leonidow-Kugel. Zur technischen Paßfähigkeit moderner ... - WZB

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Gegebenheiten" dazu zwingen, endlich „zur Kenntnis zu nehmen, was heute der<br />

Stadt widerfährt" (ebd., S.31)? <strong>Die</strong>se, von Derrida im Hinblick auf eine europäische<br />

Kapitale gestellte Frage, ist auch für die Berliner Masterplan-Debatte nicht ohne<br />

Interesse.<br />

Wenn etwa Hoffmann-Axthelm und Albers versicherten, sie würden ihre<br />

ausgegrabene historische Mitte natürlich nicht altmodisch, sondern zeitgemäß<br />

bebildern und deshalb beispielsweise den Menschen „die Peinlichkeit eines 500-<br />

Zimmer-Hotels mit historisierender Aufmachung" (Hoffmann-Axthelm 1996b)<br />

ersparen, heißt das noch lange nicht, daß sie es nicht riskieren würden, ihnen unter<br />

Umständen noch viel größere Peinlichkeiten zuzumuten.<br />

„<strong>Die</strong> City", meinten nämlich die beiden Masterplaner, „ist der Schnittpunkt von<br />

Finanzdienstleistungen, Handel, Politik, Kultur und städtebaulicher Dichte"<br />

(Hoffmann-Axthelm 1996a, S. 6). Allein mit Blick auf die Globalisierung der<br />

internationalen Finanz- und Arbeitsmärkte sowie die Datennetze mit ihren virtuellen<br />

Kommunikations- und Handlungsräumen wäre vielleicht die Frage nicht ganz<br />

unbotmäßig, ob diese City-Definition nicht allzusehr der dörflichen Idylle verhaftet<br />

ist, wo sich die Wege von Wechsler, Kaufmann, Schultheiß und Schausteller am<br />

Ziehbrunnen auf dem Markt schnitten. Gesetzt den Fall, im 21. Jahrhundert<br />

verschöbe sich der Schnittpunkt der monetären, merkantilen, administrativen und<br />

musischen Handlungsketten aus der städtebaulichen Dichte heraus, dann würde<br />

diese Verschiebung die Master-City doch immer mehr einem Potemkinschen Dorf<br />

anähneln.<br />

Eine zweite Frage, die Derrida auch im Hinblick auf Europa aufwirft, die aber<br />

ebenfalls die Masterplan-Debatte über die bundesrepublikanische Kapitale berührt,<br />

ist die Frage nach der Bewältigung eines Widerspruchs, der unvermeidlich wird,<br />

wenn die Menschen die Möglichkeit und den Willen haben, homogene Identitäten zu<br />

öffnen. „Auf der einen Seite kann sich die kulturelle Identität... nicht zersplittern und<br />

zerstreuen ... sie kann und sie darf sich nicht einer Zerstreuung überantworten, die<br />

eine Unzahl nichtiger Provinzen hervorbringt... die, von Eifersucht erfüllt, sich nicht<br />

ineinander überführen, wechselseitig übersetzen lassen" (Derrida 1992, S. 31/32).<br />

Auf der anderen Seite indes kann und darf sie nicht die Kapitale einer<br />

vereinheitlichten Autorität hinnehmen" (ebd., S. 32).<br />

Ausgehend davon meint Derrida: „<strong>Die</strong> Verantwortung scheint heute darauf<br />

hinauszulaufen, daß man auf keinen der beiden widersprüchlichen Imperative<br />

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