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Die Leonidow-Kugel. Zur technischen Paßfähigkeit moderner ... - WZB

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Form eines Vorschlages hatte. Demgegenüber entwickelte die Palast-Architektur ein<br />

raum-zeitlich partikuläres, Grenzen ziehendes Zeichensystem, das architektonisch<br />

die Form einer massiven Nötigung, ja eines Befehls annahm.<br />

Auf der macht-<strong>technischen</strong> Ebene stellte das Instituts-Projekt den Menschen<br />

insgesamt machtschwächende beziehungsweise machtabweisende und mit der<br />

<strong>Kugel</strong>-Konstruktion auch machtverkehrende und machtauflösende Räume zur<br />

Verfügung, die ebensotief in der Erde wie im Universum verankert waren und die es<br />

den Menschen gestatteten sollten, von dort aus jedwede Macht-Technik zur<br />

Diskussion und gegebenenfalls auch zur Disposition zu stellen. Im Gegensatz dazu<br />

projektierte die Palast-Architektur mit ihren raumbesetzenden und<br />

raumvernichtenden Monumenten sowie deren großflächiger Umplatzung<br />

machtstabilisierende und machtverstärkende Räume, die sich die Menschen und die<br />

Natur schonungslos unterwarfen.<br />

Auf der selbst-<strong>technischen</strong> Ebene bot die Instituts-Konstruktion den<br />

Menschen eine Vielzahl großer und differenzierter Möglichkeitsräume an, die sie<br />

immer wieder von den Architektonen weg auf sich und andere Menschen verwiesen<br />

und die es ihnen erlauben sollten, die Techniken ihrer individuellen und kollektiven<br />

Selbstproduktion frei zu wählen. Dagegen entfaltete die Palast-Architektur durch die<br />

Ornamentierung der Fassaden eine Aura, die sich den Menschen andiente, ihre<br />

Aufmerksamkeit von sich selbst und ihresgleichen abzog, magisch auf das<br />

Architekton focussierte und ihnen den Blick für die eng bemessenen<br />

beziehungsweise nicht vorhandenen selbst-<strong>technischen</strong> Spielräume verstellte.<br />

Bilanziert man die ding-technisch ähnlichen aber bedeutungs-, macht- und<br />

selbst-technisch gegensätzlichen Profile der „<strong>Leonidow</strong>erei" und der<br />

„Zuckerbäcker"/„Empire"-Architektur im Hinblick auf ihre jeweilige innere Kohärenz,<br />

dann wird auch auf dieser Ebene sehr schnell deutlich, daß sich beide<br />

architekturellen Ordnungs-Techniken diametral gegenüberstanden und einander<br />

wechselseitig ausschlössen, insbesondere dann, wenn man diese Profile<br />

dahingehend betrachtet, ob und inwiefern sie eine »Poesie der Zukunft« respektive<br />

eine »Poesie der Vergangenheit« verkörperten.<br />

In <strong>Leonidow</strong>s Instituts-Konstruktion besaßen die in ihr verkörperten Ding-,<br />

Bedeutungs-, Macht- und Selbst-Techniken den selben architektonischen<br />

Richtungssinn. Alle vier wiesen gleichermaßen über die Gegenwart hinaus weit in<br />

die Zukunft hinein und wiesen jegliche »Poesie der Vergangenheit« strikt ab. Und<br />

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