Die Leonidow-Kugel. Zur technischen Paßfähigkeit moderner ... - WZB
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Von daher kann die Palast-Architektur als der überaus erfolgreiche Versuch<br />
angesehen werden, die architektonischen Hindernisse, die die „<strong>Leonidow</strong>erei" der<br />
Einhegung und Abschottung der Moderne entgegen zu stellen gedachte, rechtzeitig<br />
und gründlich aus dem Weg zu räumen. Dabei verdankte sich dieser Erfolg nicht<br />
allein der Tatsache, daß die Palast-Architektur die sich ausbreitenden Bedeutungs-,<br />
Macht- und Selbst-Techniken der organisierten Moderne im Rücken hatte, sondern<br />
auch einer eigenen Leistung, deren Bedeutung keinesfalls unterschätzt werden<br />
sollte.<br />
Dem „Empire"/„Zuckerbäcker"-Stil gelang es nämlich drei<br />
Architekturströmungen gegen die „<strong>Leonidow</strong>erei" zu mobilisieren und auf eine<br />
mustergültige Art und Weise in sich zu verschmelzen. Bei der Monumentalisierung<br />
der Bauten und der Instrumentalisierung der Räume stützte sich die „Empire"-Seite<br />
der Palast-Architektur wesentlich auf den maschinen-zentrierten Funktionalismus,<br />
während sich ihre „Zuckerbäcker"-Seite bei der Ornamentierung der Fassaden<br />
sowohl des historisch- als auch des gegenwarts-zentrierten Antifunktionalismus<br />
bediente. Hinter dem naiven und pompösen Eklektizismus der Palast-Architektone<br />
verbarg sich mindestens in vierfacher Hinsicht eine ordnungstechnische<br />
Meisterleistung.<br />
Erstens konnte die Palast-Architektur auf das reichhaltige Reservoir<br />
funktionalistischer Entwürfe zurückgreifen und sich deren Formensprache zu Nutze<br />
machen, um den eigenen Architektonen eine funktionalistische Pose zu verleihen,<br />
die eine »Poesie der Zukunft« bezeugen sollte. So schimmerte etwa durch die<br />
ornamentbekrusteten Palast-Entwürfe von Helfreich, Stschuko und lofan oder den<br />
baukünstlerisch aufgeheizten Turm der Lomonossow-Universität immer wieder der<br />
technoide Skyscraper hindurch.<br />
Zweitens betrat die Palast-Architektur mit der Entfaltung des gegenwarts-<br />
zentrierten Antifunktionalismus ein bis dahin noch wenig erschlossenes Neuland.<br />
<strong>Die</strong> Vergötterung des Arbeiters, die Anbetung des Bauern, die Verehrung des<br />
Intellektuellen und die Vergötzung der Aktivisten konnte zwar diverse Anleihen in<br />
der Architektur- und Kunstgeschichte machen, mußte jedoch letztlich eine eigene<br />
Formensprache und Symbolik entwickeln, in der der Kotau vor den kleinen Leuten<br />
und das Paradiesische der Gegenwart allgemeinverständlich und unzweideutig zum<br />
Ausdruck kamen.<br />
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