Die Leonidow-Kugel. Zur technischen Paßfähigkeit moderner ... - WZB
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Glas) bis hin zum Universum alles mobilisiert wird, um Macht-Techniken zu<br />
blockieren und aufzulösen. Mit seiner <strong>Kugel</strong> gibt <strong>Leonidow</strong> den Menschen ein<br />
Instrument in die Hand, mit dem sie sich vor ihrer Instrumentalisierung schützen<br />
können. Das Auditorium/Planetarium ist, um es in der machtpolitischen Terminologie<br />
des „russischen revolutionären Schwungs" zu formulieren, Schild und Schwert der<br />
Revolution, und zwar einer Revolution, die dagegen gerichtet ist, daß Menschen<br />
bestimmten Zwecken unterworfen und zum Objekt gemacht werden.<br />
<strong>Die</strong>ser räumlichen „<strong>Leonidow</strong>erei" sagt der „Zuckerbäckerstil" den Kampf an.<br />
In seinen Palast-Projekten ruft er die totale architektonische Mobilmachung aus, um<br />
derartige machtbedrohenden Räume zu vernichten und im Keim zu ersticken. Auch<br />
dies kommt in den verschiedenen Entwürfen Helfreichs, Stschukos und lofans<br />
unzweideutig zum Ausdruck.<br />
Zunächst besetzen die projektierten Paläste gnadenlos die Grundfläche des<br />
Raumes. Während die Architektone des „Poeten der reinen Form", die Erde nur<br />
berühren (<strong>Kugel</strong>/Gitterkegel-Konstruktion, Funkmast) oder minimal beanspruchen<br />
(Bücherturm), machen sich die Palast-Monumente schonungslos auf ihr breit.<br />
<strong>Leonidow</strong>s Gesamtensembel und sein Auditorium/Planetarium sind flächenschonend<br />
und flächenerhaltend, die Versammlungs-Denkmäler des „Zuckerbäckerstils"<br />
flächenvernichtend.<br />
Auch in der Vertikalen fällt dieser Gegensatz unschwer ins Auge. <strong>Leonidow</strong>s<br />
Bauten beanspruchen hier ebenfalls nur den unbedingt notwendigen Platz: die<br />
beiden y-Achsen-Architektone, der schlanke Bücherturm und der schmale Funkmast,<br />
schmiegen sich der Vertikalen an; von allen denkbaren Körpern ist die <strong>Kugel</strong><br />
derjenige, der mit der geringsten Oberfläche das größte Volumen umschließt; und<br />
die Kommunikationspyramide gibt gar Raum frei, weil die Antennenkonstruktion nur<br />
das Lot (Funkmast) und die Kanten (Drahtseilverspannungen) der Pyramide<br />
räumlich belegt. Im Gegensatz dazu besetzt die Palastpyramide lofans massiv den<br />
Raum, und zwar in zweierlei Hinsicht. Zum einen als Baumasse. <strong>Die</strong> wuchtigen<br />
Zylinder des Denkmalssockels schmiegen sich nicht an ihre Rotations-Achse an,<br />
sondern blähen sich um diese Vertikale räumlich auf. Das Höhen/Breiten-Verhältnis<br />
der Wolkenkratzer-Simulation ist im Vergleich zu <strong>Leonidow</strong>s Bücherturm oder<br />
Funkmast ebenso raumtötend, wie das Oberflächen/Volumen-Verhältnis der Palast-<br />
Konstruktion im Vergleich zur <strong>Leonidow</strong>-<strong>Kugel</strong>. Zum anderen vernichtet lofans<br />
Entwurf durch die überdimensionale Umplatzung des Versammlungs-Monuments<br />
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