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Die Leonidow-Kugel. Zur technischen Paßfähigkeit moderner ... - WZB

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dafür, daß er sich sehr wohl dafür interessierte (Major 1984, S. 489, 491). Und wenn<br />

beispielsweise der von der Regierung für den Wettbewerb um den Sowjet-Palast<br />

eingesetzte Baurat im zweiten, offenen Durchgang nicht nur die Entwürfe von<br />

Gropius und Le Corbusier, sondern gerade auch jene Projekte sowjetischer<br />

Architekten, in denen das <strong>Kugel</strong>motiv aufschien, unbeachtet ließ, während er die<br />

raum- und baukünstlerisch ähnlich ausgerichteten Arbeiten von lofan und Iwan<br />

Sholtowski sowie den Entwurf des Amerikaners Hector Hamilton (Chan-Magomedow<br />

1983, Abb. 1111, 1109, 1110, 1113) mit ersten Preisen auszeichnete, so waren die<br />

führenden „Zuckerbäcker"-Architekten an dieser Entscheidung gewiß nicht<br />

unbeteiligt.<br />

Was jedoch die soziale Reichweite und die Verankerungstiefe des<br />

„Zuckerbäckerstils" betrifft, ist zunächst das zu bedenken, was Vogt mit Blick auf<br />

Napoleons und Stalins Eingriffe in Architekturwettbewerbe schreibt: „Sie können als<br />

Machthaber nicht architektonische >Stile< schaffen. Sondern sie können höchstens<br />

aus dem schon bereitliegenden Angebot die eine Formkonzeption fördern und die<br />

andere zum (zeitweiligen) Ersticken bringen" (Vogt 1990, S. 113). Und was darüber<br />

hinaus die konkreten ideologischen und machtpolitischen Mittel der Stil-Förderung<br />

und -Erstickung anbelangt, derer sich Stalin bediente, wäre eine allgemeine<br />

Überlegung Heiner Müllers zu durchdenken, der sagte: „Trotzki war ein Terrorist,<br />

Stalin die Ordnungsmacht. ... Der Terror eines Stalin war defensiv; Stalin war<br />

grundsätzlich defensiv. Seine Strategie war die der Ausgrenzung und Befestigung ...<br />

Stalin war krankhaft auf Stabilität fixiert ... Er war also das Gegenteil eines<br />

Fundamentalisten - ein Hausvater, der sein Haus verbarrikadiert und sauber halten<br />

will" (Müller 1990, S. 48).<br />

Um die baulich-räumliche Spezifik des „stalinistischen Empire" in den Blick zu<br />

bekommen und sein gesellschaftliches Quellgebiet verorten zu können, um zu<br />

verstehen, warum und wie der „Zuckerbäckerstil" die „<strong>Leonidow</strong>erei" so erfolgreich<br />

und nachhaltig hatte verdrängen können, kann es hilfreich sein, beide Stile als eine<br />

architektureile Ordnungstechnik zu untersuchen und aus diesem Gesichtswinkel<br />

miteinander zu vergleichen. Eine solche Perspektive ermöglichte zweierlei. Zum<br />

einen könnte danach gefragt werden, wie diese Stile jeweils mit anderen Techniken<br />

der Gesellschaft verwoben und im herrschenden „Stand der Technik" (Knie 1991, S.<br />

35ff.) verankert sind. Zum anderen wäre ausgehend davon zu prüfen, ob und<br />

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