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Die Leonidow-Kugel. Zur technischen Paßfähigkeit moderner ... - WZB

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gegenüber bildungsbürgerlichen Wahrnehmungserwartungen und „es gibt keinen<br />

Wert, dessen Signatur nicht feilgeboten wird" (Kühne 1985, S. 188).<br />

<strong>Die</strong>se vordergründige Frontstellung beider Architekturfiguren kann leicht<br />

darüber hinwegtäuschen, daß sie de facto Hand in Hand arbeiteten. „Modernismus<br />

und Postmodernismus sind Zwillinge. Der eine ist ein verschwiegener und getarnter,<br />

der andere ein redseliger Feind des Funktionalismus" (Kühne 1985, S. 188),<br />

genauer, des mensch-zentrierten Funktionalismus. In jener Phase, in der sich die<br />

»Poesie der Zukunft« vorwiegend auf der projektiven und publizistischen Ebene mit<br />

Entwürfen und Manifesten Aufmerksamkeit und Gehör verschaffte, waren ihr<br />

mensch-zentrierter und maschinen-zentrierter Funktionalismus zunächst noch eng<br />

miteinander verflochten, um sich dann schrittweise als gleichberechtigte und ding-<br />

technisch gleichwertige Strömungen zu profilieren.<br />

<strong>Die</strong>ses Gleichstellungsverhältnis verschob sich in dem Maße, wie die Projekte<br />

des mensch-zentrierten Funktionalismus in der organisierten Moderne bedeutungs-,<br />

macht- und selbst-technisch blockiert und die des maschinen-zentrierten<br />

Funktionalismus auf die Realisierungsschiene gesetzt und angeschoben wurden.<br />

<strong>Die</strong> Abschottung der Alltagswelten vor dem mensch-zentrierten Funktionalismus<br />

einerseits und die urbane Karriere des maschinen-zentrierten Funktionalismus<br />

andererseits führten dazu, daß der Funktionalismus mit seiner maschinen-<br />

zentrierten Strömung gleichgesetzt und die »Poesie der Zukunft« auf<br />

»Modernismus« herunterbuchstabiert wurde.<br />

Damit hatte der »Postmodernismus«, der sich mit Vorliebe vor den Fehl- und<br />

Mißgeburten des maschinen-zentrierten Funktionalismus spreizte, die in den 50er<br />

Jahren das Licht der Welt erblickten, ein leichtes Spiel, seinen historisch-zentrierten<br />

Antifunktionalismus gegen den Funktionalismus schlechthin und seine radikal-<br />

eklektische »Poesie der Vergangenheit« gegen jedwede »Poesie der Zukunft« zu<br />

mobilisieren. <strong>Die</strong> Architektone des »Modernismus« und des »Postmodernismus«<br />

verstellten gleichermaßen, wenn auch aus gegensätzlichen Perspektiven, den Blick<br />

für den mensch-zentrierten Funktionalismus. Sie ließen ihn im blinden Fleck der<br />

Kontroversen verschwinden und dem Vergessen anheim fallen.<br />

Im Vergleich zu dem in den westlichen Gesellschaften der organisierten<br />

Moderne geführten »Modernismus«/»Postmodernismus«-Streit prallten<br />

Funktionalismus und Antifunktionalismus in der Sowjetunion härter, grundsätzlicher<br />

und früher aufeinander. Auch hier erwies sich der Sozialismus als die organisiertere<br />

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