Die Leonidow-Kugel. Zur technischen Paßfähigkeit moderner ... - WZB
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Hochhaus an der Karl-Liebknecht-Straße „ein weiträumiger Bürgermarkt" (ebd.)<br />
entstehen würde. „Er sollte in zwei Teile getrennt sein, der eine für öffentliche<br />
Kundgebungen oder Versammlungen geeignet, auf dem anderen könnte ein<br />
Wochenmarkt stattfinden. Dazwischen schlagen wir eine Markthalle vor. Das Marx-<br />
Engels-Forum soll ein großer Stadtgarten bleiben. Neben die einsamen Figuren von<br />
Karl Marx und Friedrich Engels sollte ein Volkshaus treten, als Repräsentant des<br />
einst von den DDR-Planern hier vorgesehenen zentralen Gebäudes." (ebd.)<br />
Gegen diese Stadtsiedlungs-Poesie im Herzen der City gab es zunächst ganz<br />
prosaische Einwände. Rita Keil vom Bündnis 90/Grüne fragte, warum die<br />
Masterplaner vor das Rote Rathaus eine Markthalle setzen wollten, „da ist doch<br />
schon ein wunderschöner offener Markt, wozu da noch eine Markthalle? Ein<br />
Stückchen weiter steht übrigens eine Markthalle. Das war mal die größte und älteste<br />
Berlins. <strong>Die</strong> ist 1991 umgebaut worden - zum Shopping Center." (Keil 1996) <strong>Die</strong> von<br />
der PDS nominierte Baustadträtin des Bezirks Mitte, Karin Baumert, sah das ganz<br />
ähnlich: „Eine Markthalle hat die Wohnungsbaugesellschaft Mitte vor einiger Zeit<br />
gerade in ein mittelmäßiges Kleinstadtzentrum umgewandelt. Man verschone uns<br />
mit einem zweiten Versuch. Auch ein Volkshaus brauchen wir nicht. Es gibt das<br />
Volkshaus Palast der Republik, er muß nur wieder eröffnet werden" (Baumert 1997).<br />
Aber gegen die Dorfplanung wurden auch andere Gründe ins Feld geführt,<br />
und zwar ganz poetische „Ihr Plan ist vor allem deshalb so problematisch", warf<br />
Simone Hain den Master-Poeten der Erinnerung vor, „weil er unter anderem den mit<br />
Erinnerungen gefüllten Raum der kleinen urbanen Alltagsroutinen verdichtend<br />
aufzehrt: <strong>Die</strong> Sommerabende der Anwohner im großen Freiraum am Neptunbrunnen<br />
oder an den Parkanlagen an der Friedrichsgracht, die verregneten Sonntage im<br />
»Palast« ebenso wie die Erinnerung an die Momente öffentlich gelebten Glücks auf<br />
dem Alexanderplatz im November '89 oder im »Treibhaus der Demokratie« am Fuße<br />
des Fernsehturms" (Hain 1996, S. 9) Und: „Eben das wird jetzt im Osten eingeklagt -<br />
mit der Faust auf den Tisch und nicht in Unterwerfungshaltung" (ebd.).<br />
<strong>Die</strong> ostdeutsche Palast-Poesie begehrte gegen die westdeutsche Dorf-Poesie<br />
auf. Und da die Macht im administrativ vereinigten Hauptort Deutschlands ungleich<br />
verteilt ist, suchte sie sich vor dieser zu schützen. Eine Möglichkeit dies zu tun,<br />
zeigte der Architekt Peter Meyer auf, dessen Architekturbüro vom Stadtbezirk Mitte<br />
den Auftrag erhielt, eine „Alternativplanung für das Wohngebiet Karl-Marx-Allee"<br />
(Meyer, P. 1996) zu entwerfen. Unter dem Leitgedanken „<strong>Die</strong> Moderne als<br />
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