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Die Leonidow-Kugel. Zur technischen Paßfähigkeit moderner ... - WZB

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Bei der Herausbildung dieser Überzeugung spielten die Gedanken des<br />

Sozialismus und der sozialistischen Revolution nicht nur eine gewichtige, sondern<br />

eine zentrale Rolle, denn sie „stehen im Mittelpunkt der Geschichte der Moderne,<br />

der Moderne des neunzehnten Jahrhunderts, ihrer restringiert liberalen<br />

Konfiguration. Sie gründen sich auf zentrale Anschauungen der Aufklärung wie etwa<br />

auf die Möglichkeit der Menschen, Gesellschaft zu erschaffen, statt sie als natürlich<br />

gegeben zu akzeptieren, oder der Maßgabe, daß eine solche Erschaffung<br />

Traditionen und Privilegien beseitigen und sich auf Wissen und Vernunft stützen<br />

sollte" (Wagner 1995, S. 158).<br />

Und dies „zu sagen, konstituiert den Sozialismus aber gerade nicht als das<br />

gleichzeitig Andere der Moderne, das die entgegengesetzten Prinzipien verkörpert,<br />

sondern es erlaubt Vergleichbarkeit durch die Suche nach Unterschieden im<br />

Ausmaß. Wenn diese kurze Charakterisierung in beiden Beziehungen zutrifft,<br />

Gleichheit der Richtung und Unterschiedlichkeit in der zurückgelegten Entfernung,<br />

dann scheint es angemessen, den Sozialismus im Vergleich zu den westlichen<br />

Gesellschaften als die organisiertere Moderne anzusehen." (Wagner 1995, S. 161)<br />

So gesehen zielten die Reorganisationsinitiativen, wie sie in den Gesellschaften der<br />

organisierten Moderne, angefangen vom amerikanischen New Deal über die<br />

französische Volksfront, den deutschen Faschismus und das schwedische<br />

Volksheim bis hin zum sowjetischen Sozialismus Ende der 20er/Anfang der 30er<br />

Jahre entwickelt wurden, in eine ganz ähnliche bedeutungs-, macht- und selbst-<br />

technische Richtung.<br />

Betrachtet man den zuvor skizzierten Vergleich der <strong>technischen</strong><br />

Passungsprofile der „<strong>Leonidow</strong>erei" und des „Zuckerbäckerstils" vor diesem<br />

Hintergrund, werden der harte ordnungstechnische Kern dieser beiden<br />

Architekturstile, das bedeutungs-, macht- und selbst-technische Gegensatz- und<br />

Ausschließungsverhältnis, in dem sie standen, und der Platz, den sie in der<br />

modernen Architektur des 20. Jahrhunderts einnehmen, besser verständlich.<br />

Am Ende der ersten Krise der Moderne spitzte sich Ende der 20er/Anfang der<br />

30er Jahre der Konflikt zwischen zwei weltanschaulich und gestalterisch<br />

gegensätzlichen Hauptströmungen in der Architektur zu. In diesem Konflikt, der die<br />

organisierte Moderne bis heute durchzieht, standen sich eine »Poesie der Zukunft«<br />

und eine »Poesie der Vergangenheit« zunehmend unversöhnlicher gegenüber.<br />

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