Die Leonidow-Kugel. Zur technischen Paßfähigkeit moderner ... - WZB
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Moderne, und zwar sowohl im Hinblick auf die Moderne als auch in bezug auf die<br />
Organisiertheit. <strong>Die</strong>s wird in dem Gegensatz zwischen <strong>Leonidow</strong>s Instituts-Entwurf<br />
und der Palast-Architektur exemplarisch erkennbar.<br />
<strong>Leonidow</strong>s Instituts-Konstruktion verkörperte auf idealtypische Art und Weise<br />
einen mensch-zentrierten Funktionalismus, der nicht nur jedweden historisch- oder<br />
gegenwarts-zentrierten Antifunktionalismus ausschloß, sondern auch jeden<br />
maschinen-zentrierten Funktionalismus konsequent abwies. Sein Projekt war nicht<br />
nur über das <strong>Kugel</strong>-Architekton tief im Quellgebiet der Moderne verankert, es wies<br />
sowohl als Gesamtensemble als auch in einzelnen Elementen und<br />
Teilkompositionen weit über die sich formierende organisierte Moderne mit ihren<br />
internen und externen Grenzziehungen hinaus. Und zwar nicht nur was die<br />
Sowjetunion, sondern auch was die westlichen Gesellschaften der organisierten<br />
Moderne betraf.<br />
<strong>Leonidow</strong>s Architekton war grenzenaufhebend und grenzensprengend. Es<br />
öffnete sich nicht nur der Arbeiterklasse, der Bauernschaft oder einer bestimmten<br />
Nation, sondern jedem Menschen, der Menschheit und allen menschlichen Wesen<br />
im All. Es war im besten und ursprünglichsten Sinne des Wortes universell und<br />
liberal. <strong>Die</strong> Instituts-Konstruktion sollte es nicht nur auserwählten, sondern allen<br />
Menschen ermöglichen, sich, um mit Hegel zu sprechen, auf den Kopf, das ist auf<br />
den Gedanken zu stellen, um die Wirklichkeit nach diesem zu erbauen, und zwar die<br />
Ding-Welt, die Gesellschaft und sich selbst.<br />
Und dieser von <strong>Leonidow</strong> projektierte universell offene Möglichkeitsraum war<br />
weder eine Fata Morgana noch ein Paradies. Er war keine Fata Morgana, weil er<br />
ding-technisch realisierbar war und in einer ganz konkreten bedeutungs-, macht-<br />
und selbst-<strong>technischen</strong> Funktionalität des Architektons auskristallisierte. Er war kein<br />
Paradies, weil die Nutzung dieses Möglichkeitsraumes die Menschen immer wieder<br />
auf sich und aufeinander verwies und ihnen ebenso unweigerlich wie dauerhaft<br />
Ungewißheiten, Entscheidungslasten und Selbstdisziplinen aufbürdete, derer sie<br />
sich nicht leichter Hand entledigen konnten.<br />
Gerade weil in <strong>Leonidow</strong>s Projekt die universelle Öffnung der Moderne nicht<br />
als tröstliche Verheißung am Zukunftshorizont schwebte, sondern in bedeutungs-,<br />
macht- und selbst-<strong>technischen</strong> Arrangements verankert war, die sofort ding-<br />
technisch realisierbar waren, stand er den Schließungsprozessen und<br />
Grenzziehungen der organisierten Moderne im Wege.<br />
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