Die Leonidow-Kugel. Zur technischen Paßfähigkeit moderner ... - WZB
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<strong>Die</strong> »Poesie der Zukunft« verstand und artikulierte sich wesentlich als<br />
Funktionalismus. Ihre Projekte kreisten um die Formierung der Funktion. <strong>Die</strong><br />
Architektone sollten auskristallisierte Funktionen sein - nicht mehr, aber auch nicht<br />
weniger. <strong>Die</strong>ser Funktionalismus entwickelte sich in zwei Richtungen, die in den<br />
Projekten und Gründungsdokumenten seiner Vorreiter, wie beispielsweise bei Le<br />
Corbusier, noch sehr eng ineinander verwoben waren, die jedoch alsbald deutlich<br />
auseinandertraten.<br />
Zum einen entwickelte sich ein mensch-zentrierter Funktionalismus, dessen<br />
Formierung der Funktion sich in erster Linie am Bild des neuen, zukünftigen<br />
Menschen orientierte. Dessen vorgestellte Bedürfnisse bildeten den Ausgangs- und<br />
Zielpunkt der Entwürfe. <strong>Die</strong>ser mensch-zentrierte Funktionalismus wurzelte in einer<br />
Grunderfahrung, die viele Menschen in der ersten Krise der Moderne machten,<br />
nämlich der Erfahrung, „All That Is Solid Melts Into Air" (Berman 1982). Ihm ging es<br />
darum, mit der Dynamik der Moderne Schritt zu halten und heute jene<br />
architektonischen Möglichkeitsräume zu entwerfen, derer die Menschen morgen<br />
bedurften.<br />
Zum anderen entwickelte sich ein maschinen-zentrierter Funktionalismus,<br />
dessen Formierung der Funktion sich vor allem am Modell der exakt<br />
durchkonstruierten und präzis arbeitenden Maschine orientierte. Das minutiöse und<br />
reibungslose Zusammenspiel ihrer Teile zu einem Ganzen bildete hier den<br />
Ausgangs- und Zielpunkt der Entwürfe. <strong>Die</strong>ser maschinen-zentrierte<br />
Funktionalismus war ebenfalls in einer Grunderfahrung verankert, nämlich der<br />
Erfahrung, daß sich in der ersten Krise der Moderne „<strong>Die</strong> Herrschaft der<br />
Mechanisierung" (Giedeon 1982) entfaltete und Maschinen auf breiter Front Einzug<br />
in die Alltags-, Denk- und Gefühlswelten der Menschen hielten. In ihnen<br />
vergegenständlichte sich nicht nur die überbordende Entwicklungsdynamik, sie<br />
waren auch eine ebenso idealtypische wie anschauliche Verkörperung von Stabilität,<br />
Berechenbarkeit und Ordnung. Von daher lag es nahe, zu versuchen, die Häuser,<br />
Räume und Städte, an denen die Herrschaft der Mechanisierung bis dato<br />
vorbeigegangen war, nach dem Vorbild der Maschine zu projektieren. <strong>Die</strong> Zeit der<br />
„Staats-Maschine" (Stollberg-Rillinger 1986; Smid 1988) und der „Klassen-<br />
Maschine" (Süß 1985), des „Richter-Automaten" (Jhering 1893, S. 394; Ogorek<br />
1986) und der „Denkmaschine" (Jevons 1870; Poincaré 1914, S. 133; Neurath 1931,<br />
S. 404), der „Tanz-Maschine" (Fülöp-Miller 1926, S. 243; Giese 1925; Kracauer<br />
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