Lernprozesse in einem handlungsorientierten beruflichen Unterricht ...

5 Beschreibung des Untersuchungsfeldes 53
Aufgabe der Biegevorrichtung ist es, einen Blechstreifen als Haltwinkel im 90°-Winkel zu
biegen. Dies erfolgt durch drei Zylinder, deren Ansteuerung jeweils über verschiedenen
Lerneinheiten vermittelt wird. Durch Zylinder 1.0 wird das Einspannen des Blechstreifens
realisiert. Zylinder 2.0 führt die Vorbiegung aus. Zylinder 3.0 vollendet den Biegevorgang
und formt den Blechstreifen zu einem 90°-Winkel. In Lerneinheit 8 steuern die Schüler den
Spannzylinder 1.0 an und erwerben Kenntnisse zur Signalspeicherung. Lerneinheit 9
vermittelt die Ansteuerung des nächsten Zylinders 2.0 mit Hilfe von Näherungsschaltern.
Lerneinheit 10 steuert Zylinder 3.0 mittels eines Zeitrelais an. Am Ende aller drei Lerneinheiten
wird damit die Inbetriebnahme der gesamten Anlage ermöglicht. Eine präzise Beschreibung
der Aufgabenstellung zur Biegevorrichtung ist der Forschungsarbeit von Riedl (1998, S.
124 ff.) zu entnehmen, daher wird auf eine eingehende Darstellung diesbezüglich verzichtet.
Eine komplexe Aufgabenstellung zeigt sich im Rahmen dieses Unterrichts auch durch das
Einbeziehen fachübergreifender Lernziele. Dies bezieht sich insbesondere auf Gegenstände
des Deutschunterrichts. Da es die Bearbeitung der Leittexte erfordert, Informationen aus
verschiedenen Quellen zusammenzuführen, wird eine Auseinandersetzung mit diverser
Literatur vorausgesetzt und z. B. das Auswählen geeigneter Fachbücher oder der Umgang mit
einem Sachwortverzeichnis geschult. Texte müssen exzerpiert und analysiert werden oder
aber Funktionsbeschreibungen der entworfenen Schaltungen sind zu erstellen, wodurch das
Einüben von Orthographie, Interpunktion und Stilistik erfolgt.
Der Umgang mit dem Computer hilft den Schülern zudem, die hier erworbenen Fähigkeiten
mit den Lerninhalten aus dem Fach ‚Elektronische Datenverarbeitung’ zu verbinden und so
effizienter profunde Kenntnisse auf diesem Gebiet zu erlangen.
5.3.2 Bestimmungsgröße: Selbststeuerung und Freiheitsgrade
Wichtig für die hier aufgezeigte Untersuchung ist ein Unterrichtskonzept, das in hohem Maße
eine Selbststeuerung des Schülers zulässt. Dazu müssen mehrere Komponenten ineinander
greifen, um diese Bestimmungsgröße Form werden zu lassen.
Die Leittexte sind – wie bereits oben erwähnt – so angelegt, dass die Auszubildenden selbst
entscheiden, wann und von wem sie Hilfe einfordern. Für die Lehrkraft ist es unerlässlich,
sich in bestimmten Situationen bewusst zurückzuhalten, um so eine Eigeninitiative von
Schülern ausdrücklich zu begünstigen. Jedoch ist es auch erforderlich, verpflichtende
Lehrergespräche festzulegen. Eine völlig freie Erarbeitung der Inhalte, ohne jegliche
Rückmeldung, wird bei diesem Unterrichtskonzept nicht verfolgt. Hinzu kommt in diesem
Falle eine bezeichnende Kompetenz des Pädagogen, äußerst flexibel auf Fragen, Situationen,
Probleme und unterschiedliche Lösungswege zu reagieren. Diese Form des Unterrichtens
kann einen erheblichen Druck bei der Lehrkraft erzeugen, allen Schülern in gleichem Maße
gerecht zu werden. Dazu sei aber auf die Bestimmungsgröße ‚Beratende Lehrerrolle’ im
Besonderen verwiesen.
Um selbstgesteuertes Lernen mit ausgeprägten Freiheitsgraden außerdem zu begünstigen,
müssen die Auszubildenden Zugang zu umfassendem Informationsmaterial haben, das von
der Lehrkraft bereitgestellt wird. Für die untersuchte Lernumgebung steht primär gängige
Literatur zur Verfügung, wie beispielsweise Fachkunde- und Tabellenbuch. Ergänzend dazu
bietet eine speziell auf die Steuerungstechnik zugeschnittene Fachliteratur weiteren Einblick
in die Thematik, wie z. B. das Lehrbuch ‚Einführung in die Elektropneumatik’ der Festo