Grundvoraussetzungen für schulisches Lernen ... - sprich-mit-mir.at
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schulischen Bildung eine Schlüsselstellung ein. Die Fähigkeit zum sinnerfassenden<br />
Lesen und in weiterer Folge ein kritisches Leseverständnis bieten die Voraussetzung<br />
für jede Art von Weiterbildung. Die Unterschiede in den Lesevoraussetzungen sind<br />
aus den Ergebnissen der Studie genau zu entnehmen. Konfrontieren die Lehrer nun<br />
alle Kinder im Gleichschritt <strong>mit</strong> allen Übungen zur Buchstabenerarbeitung und<br />
Festigung - und darauf aufbauend alle <strong>mit</strong> den gleichen einfachen Lesetexten - so<br />
kann das nicht zu einer zielführenden und soliden Basis für Lesemotiv<strong>at</strong>ion und<br />
Lesekompetenz führen. Auch die bloße Aufforderung „Du musst mehr üben“, stellt<br />
keine Hilfestellung dar, denn es ist nicht geklärt, was geübt werden soll.<br />
Forschungen von EINSIEDLER, HELBIG und TREINIES an der Universität Erlangen-<br />
Nürnberg zeigen, dass bei gezielter Förderung der phonologischen Bewusstheit<br />
zusätzlich zum traditionellen Leseunterricht auch noch im ersten Schuljahr<br />
ausgezeichnete Erfolge erzielt werden können. Eine solche Maßnahme ist<br />
insbesondere für jene Kinder einzuleiten, die deutliche Defizite im Bereich der<br />
phonologischen Bewusstheit aufweisen. Zur verlässlichen Identifik<strong>at</strong>ion ist ein<br />
system<strong>at</strong>isches Screening zu einem frühen Zeitpunkt unabdingbar. Eine wichtige<br />
Erkenntnis für jeden Lehrer muss sein, dass sich die phonologische Bewusstheit im<br />
engeren Sinn durch die Erfahrungen <strong>mit</strong> der Schriftsprache schnell weiterentwickelt,<br />
es aber nicht so ist, dass sie sich bei allen Kindern eines Altersjahrganges perfekt<br />
entwickelt. Im Gegenteil: Es findet sich eine Menge an Belegen, dass die<br />
phonologische Bewusstheit insbesondere bei leseschwachen Kindern der dritten und<br />
vierten Schulstufe stark unterentwickelt ist (vgl. MARX 1998).<br />
Die sprachgebundene Inform<strong>at</strong>ionsverarbeitungsgeschwindigkeit (darunter versteht<br />
man die Schnelligkeitsfaktoren beim Zugriff auf das „Semantische Lexikon“) spielt<br />
ebenfalls eine bedeutsame Rolle. Im Hinblick auf den ungeübten Leser ist das so<br />
vorstellbar: Wörter werden zuerst „rekodiert“, was meint, dass Buchstaben in die<br />
lautliche Entsprechung übertragen werden. Erst danach erfolgt der Vorgang der<br />
„Dekodierung“, bei dem die Bedeutung der rekodierten Wörter im semantischen<br />
Lexikon als das Gedächtnis über die Wortbedeutung gesucht wird.<br />
Eine ähnliche Bedeutung h<strong>at</strong> das sprachgebundene Arbeits- bzw. Kurzzeitgedächtnis.<br />
Bei Leseanfängern verlaufen die Übersetzungsschritte, d.h. die Zu-<br />
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