forschungsbericht november 2008 – juli 2012 - Kunsthistorisches ...
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POSTDOKTORANDINNEN UND POSTDOKTORANDEN | 107<br />
their Oriental colleagues, as exemplified in comments of the famous Florentine sculptor and<br />
goldsmith Benvenuto Cellini (1500<strong>–</strong>1571) in his autobiography. By looking at the patterns<br />
of transmission as well as the motifs that the European artists replicated in their arms and<br />
armour, this study contributes to a mapping of Oriental-European exchanges in the sixteenth<br />
century.<br />
Schatz, Gedächtnis, Wunder. Objekte im Mittelalter<br />
Philippe Cordez<br />
Der heutige Begriff des »Objektes« hat lange nicht existiert. Das Wort erschien erst im 14.<br />
Jahrhundert als Produkt der nominalistischen Philosophie: objectum wies dabei auf etwas<br />
hin, das dem Mensch »vor-« bzw. »entgegen geworfen« sei (objicere) <strong>–</strong> unabhängig von ihm<br />
existierend, und seine Sinne beanspruchend. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts erhielt der<br />
Begriff dann seine moderne und bis heute gültige Bedeutung, wonach »Objekt« eine materielle,<br />
räumlich begrenzte, zweckgebundene Sache bezeichnet. Seitdem werden insbesondere<br />
auch die tradierten Artefakte, Kunstdinge oder Fundgüter früherer Jahrhunderte so<br />
bezeichnet <strong>–</strong> was völlig legitim ist, bieten sie sich doch dem modernen Betrachter durchaus<br />
als Objekte nach aktueller Auffassung dar. Was ist aber, wenn wir diese vormodernen Objekte<br />
gedanklich in Zeiten zurückprojizieren, in denen es den Begriff noch gar nicht gab?<br />
Wie können wir sie anders als in einem Anachronismus überhaupt begreifen?<br />
Verschiedene Wege wurden erprobt, um mit kunsthistorischen Mitteln die Selbstverständlichkeit<br />
eines ›objektiven‹ Verhältnisses mit der materiellen Welt zu überwinden. Neben der<br />
Fertigstellung der Dissertation Trésor, mémoire, merveilles. Les objets des églises au Moyen Âge<br />
(2010) wurden Sammelbände zu Le trésor au Moyen Age. Discours, pratiques et objets (2010)<br />
und zu Werkzeuge und Instrumente (<strong>2012</strong>) mitherausgegeben. Ein weiterer Sammelband<br />
zu Charlemagne et les objets. Des thésaurisations carolingiennes aux constructions mémorielles<br />
ist im Druck.<br />
Verwandlungen: Prontezza und Stilpluralität bei Luca Giordano<br />
Heiko Damm | MPRG »Das wissende Bild«<br />
Luca Giordano, Hommage à Velázquez,<br />
um 1695, Öl auf Leinwand, 205 x 184<br />
cm, London, National Gallery<br />
Schon zu Lebzeiten erlangte der wohl produktivste Maler des 17. Jahrhunderts, Luca<br />
Giordano (1634<strong>–</strong>1705), wegen seines unüberbietbaren Maltempos als »Luca fa presto« Berühmtheit.<br />
In einer ersten Fallstudie wurden die produktionsästhetischen Implikationen<br />
einer Darstellung des mythischen Wettlaufs von Atalante und Hippomenes untersucht. Als<br />
gerahmtes Fresko lässt sich das Galeriebild als gewitzter Kommentar zur<br />
Schnellmalerei verstehen, verweist es doch als ›Tagwerk‹ (giornata) selbst<br />
auf seine fabelhaft kurze Entstehungszeit. Von Giordanos Improvisationsgabe<br />
und malerischer Intelligenz schwerlich zu trennen ist eine wahrhaft proteische<br />
Verwandlungskunst, also die besondere Befähigung zur Einfühlung<br />
in fremde maniere und deren gekonnte, mitunter auch Kenner täuschende<br />
Nachahmung. Beide Aspekte <strong>–</strong> virtuose Raschheit (prestezza) und Stilpluralität<br />
<strong>–</strong> lassen sich in ihrer Interdependenz als eine Poetik der Transformation<br />
und Liquefaktion beschreiben. Fraglos war auch die konkrete Wiedergabe<br />
von Flüssigkeiten sein Element, wie beispielhaft das Florentiner Gemälde<br />
Triumph der Galatea (um 1675) zeigen kann, in dem Wasserstrahl und Welle<br />
in besonderer Weise zu Protagonisten werden und alle Bildelemente in<br />
Bewegung geraten, ja die Farbe selbst ihren Aggregatzustand zu wechseln<br />
scheint. Im malerischen Gestus einer solchen zugleich Raffael, Tizian und<br />
Pietro da Cortona zitierenden, die Stileme also mischenden Komposition<br />
teilt sich gleichsam das fruchtbare Hervorströmen seiner Bildideen, das<br />
Sprudelnde und Überschäumende seines Temperaments mit. Im Zusammenhang mit dem<br />
Prinzip von Zitat und ingeniöser Transformation verdienen Giordanos gemalte Hommagen<br />
an Rubens und Velázquez besondere Aufmerksamkeit.