forschungsbericht november 2008 – juli 2012 - Kunsthistorisches ...
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82 | FORSCHUNGEN DES WISSENSCHAFTLICHEN NACHWUCHSES<br />
neuartiger Raumkonzepte und innovativer Produktionstechniken,<br />
die der neuartigen Ästhetik der Mimesis Rechnung tragen. Allein<br />
fünf nahezu vollplastische Bronzegisants sind für das späte italienische<br />
Quattrocento nachweisbar, die allesamt dem veristischen<br />
Totenantlitz verpflichtet zu sein scheinen, indem sie das Leichenantlitz<br />
mit Hilfe der Totenmaske abbilden. Nicht zuletzt erlaubte es der<br />
einzigartig kostbare, mystifizierte Werkstoff Bronze wie kein anderer,<br />
das Leibhaftige der körperlichen Erscheinung täuschend zu imitieren<br />
sowie transzendental zu steigern. Das Organische des Körperabdrucks<br />
eines Toten konnte so unmittelbar übertragen und zur<br />
affektiv wirksamen ›objektivsten‹ Bildform werden. Wissenschaftsgeschichtlich<br />
relevant sind in diesem Zusammenhang die Bewertungskriterien des Abbildhaften<br />
in der Bildniskunst des 15. Jahrhunderts und <strong>–</strong> davon abweichend <strong>–</strong> in der kunsthistorischen<br />
Forschung seit der Renaissance bis ins späte 20. Jahrhundert.<br />
Laura Goldenbaum vor dem Gisant<br />
des Mariano Sozzini, Florenz, Museo<br />
Nazionale del Bargello<br />
Künstlerneid. Zur Konzeptualisierung der invidia in Bildern und Texten der<br />
Frühen Neuzeit<br />
Jana Graul<br />
In Anlehnung an antike Diskurse fand im Humanismus<br />
eine kulturelle Neubewertung der Emotion Neid<br />
statt. Bis dato als Todsünde stigmatisiert, rückte die<br />
invidia zunehmend in die Nähe zu der für die italienische<br />
Renaissance zentralen virtus-Vorstellung und<br />
galt fortan als Begleiterscheinung von Erfolg, Verdienst<br />
und tugendhaftem Handeln. Dass auch der nach sozialer<br />
Anerkennung strebende Künstler ab dem letzten<br />
Drittel des 15. Jahrhunderts verstärkt auf die Emotion<br />
rekurrierte, verwundert angesichts dessen kaum.<br />
Neben Selbstzeugnissen wie Briefen und Gedichten,<br />
in denen sich die Maler und Bildhauer zu Opfern des<br />
Neides stilisierten, offenbart sich die in vielen Teilen<br />
Europas bis ins 18. Jahrhundert anzutreffende künstlerische<br />
Vereinnahmung des Affekts einerseits in einer<br />
wachsenden Zahl selbstreflexiver Bilder, die den Künstler bzw. die Kunst als Adressat der<br />
invidia zeigen. Sie wird andererseits in einer sich parallel entfaltenden literarischen Tradition<br />
manifest, in welcher der Begriff eine kunsttheoretische Aufladung erfährt. Neid als<br />
integralen Bestandteil der Identität des frühneuzeitlichen Künstlers begreifend, geht die<br />
Dissertation der parallelen Konzeptionalisierung der invidia in Bild und Text nach und erörtert,<br />
auf welche Weise die Emotion jeweils als eine spezifisch künstlerische gedeutet oder<br />
inszeniert wurde.<br />
Giorgio Vasari, Le Vite De’ più Eccellenti<br />
Pittori, Scultori Et Architetti,<br />
Bologna, Evangelista Dozza 1647,<br />
Frontispiz<br />
Aufstieg und Fall eines Meisterwerkes. Die Rezeptionsgeschichte von<br />
Correggios Büßender Magdalena in der Dresdener Gemäldegalerie<br />
Laura Gronius<br />
Im Sommer 1879 reiste der italienische Kunstkenner Giovanni Morelli (1816<strong>–</strong>1891) nach<br />
Deutschland, um seinem Verleger ein folgenschweres Manuskript zu überbringen. In<br />
seiner Studie Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin<br />
nahm Morelli etliche Neuzuschreibungen vor und hatte vorab mit Blick auf die Dresdener<br />
Sammlung ankündigt, dass er beweisen werde, »wie zwei und zwei vier sind, dass die weltberühmte<br />
›Sa Maddalena‹ <strong>–</strong> gepriesen von den deutschen Ästhetikern und in die Wolken<br />
gehoben in einem Sonett von Wilhelm Schlegel <strong>–</strong> weder ein Werk von Correggio noch eines<br />
italienischen Künstlers sein kann«. Damit ist bereits der Kern des Dissertationsvorhabens