forschungsbericht november 2008 – juli 2012 - Kunsthistorisches ...
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ITALIENISCHE KUNSTGESCHICHTE DER NEUZEIT IM EUROPÄISCHEN KONTEXT | 31<br />
Einzelforschungen<br />
Julia Kleinbeck | Sandrarts Künstlerwissen (wissenschaftliche Projektmitarbeiterin, Doc)<br />
Susanne Meurer | Die Kupfertafeln der Teutschen Academie (Postdoc)<br />
Carolin Ott | Die Kunst der Antike in Text und Bild der Teutschen Academie (wissenschaftliche<br />
Projektmitarbeiterin, Doc)<br />
Anna Schreurs | Joachim von Sandrart zwischen Wort und Bild: Malerei und Dichtung in<br />
Zeiten des Dreißigjährigen Krieges (Postdoc)<br />
Ethik und Architektur<br />
Hana Gründler<br />
Brigitte Sölch<br />
zusammen mit<br />
Alessandro Nova<br />
Wellblechsiedlung Dharavi, Mumbai.<br />
Photo: Jonas Bendiksen<br />
Seit einigen Jahren löst die Frage nach Ökologie, gerechter Verteilung und nachhaltigem<br />
Einsatz von Ressourcen erneute Debatten um eine Ethik der Architektur aus. Sowohl die<br />
Architekturbiennale im Jahr 2000 in Venedig, als auch die Jubiläen des Werkbundes und<br />
des Bauhauses waren von Forderungen nach einer theoretischen Neubegründung begleitet,<br />
von der Besinnung auf das Wesentliche und dem Wunsch nach einem mutigen Zugeständnis<br />
an das utopische, gesellschaftsverändernde Potential von Architektur. So vielfältig<br />
und aktuell die Auseinandersetzung mit dem Thema<br />
inzwischen erscheinen mag: weder das Bauen noch<br />
die Architektur sind in jüngeren Handbüchern zur<br />
Ethik integriert. Auch stehen kunst- und architekturhistorische<br />
Studien aus, die dezidiert diachrone und<br />
(wissenschafts-)historische Perspektiven einnehmen<br />
und etwa Positionen des Mittelalters und der Renaissance<br />
systematisch integrieren. Diese übergeordneten<br />
Zusammenhänge auszuloten war deshalb Ziel der im<br />
Jahr 2010 von Hana Gründler und Brigitte Sölch mit<br />
Alessandro Nova ausgerichteten Tagung. Deren baldige<br />
Veröffentlichung bildet den Ausgangspunkt für<br />
eine Fortsetzung des Projekts mit ausgewählten Kooperationspartner(inne)n.<br />
Hierbei sind mehrere Faktoren von Bedeutung. Zum einen die normativ regulierende<br />
Dimension von Architektur, die für das Funktionieren von Gesellschaft zentral ist <strong>–</strong> man<br />
denke etwa an Bauaufgaben wie Gefängnisse, Krankenhäuser oder Flüchtlingslager, aber<br />
auch an spezifische Wirkungsabsichten von Architektur, die von der Abschreckung (terrore)<br />
über die Erziehung bis zur Anregung zum (geistigen) Handeln reichen. Zum anderen aber<br />
auch Ansätze, die die ethische Dimension von Architektur enger mit individualethischen<br />
Positionen verknüpfen, wobei dem ›Ästhetischen‹ und ›Aisthetischen‹ ein hoher Stellenwert<br />
zukommt. Die Ethik des Materials und des Details zum Beispiel, oder die Sorge um<br />
sich als »Arbeit an einem Selbst« (Wittgenstein) sind deshalb Themenkomplexe, die unter<br />
anderem untersucht werden sollen. Die Sorge um sich, die relational zugleich auf die Interessen<br />
der Gemeinschaft bezogen ist, beinhaltet eben nicht nur eine individualethische,<br />
sondern wie unter anderem die Wellblechsiedlung Dharavi zeigt, auch eine soziale und<br />
politische Dimension. Die Möglichkeit, Verschiedenheit mitzudenken, die Sensibilität<br />
für Differenzen, also die Fähigkeit, Unterschiede nicht nur wahr-, sondern auch ernst zu<br />
nehmen, kann durchaus als primäre Voraussetzung von Toleranz oder sogar noch besser<br />
von Anerkennung gelten. Dies fordert einmal mehr zum Nachdenken über die Realbedingungen<br />
von Architektur, die Notwendigkeit ihrer (theoretischen) Begründung und<br />
einen erweiterten Architekturbegriff auf.