forschungsbericht november 2008 – juli 2012 - Kunsthistorisches ...
forschungsbericht november 2008 – juli 2012 - Kunsthistorisches ...
forschungsbericht november 2008 – juli 2012 - Kunsthistorisches ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
18 | DIREKTION PROF. DR. GERHARD WOLF<br />
art history‹ im Dialog ihrer Teildisziplinen. Als nächster Schritt ist eine Tagung (2013) zur<br />
Kunstgeschichte der Gefäße in transkulturellem Horizont geplant, parallel ein Workshop<br />
zu den Kontaktzonen von Bild- und Dingforschung, die bereits für das Werk Aby Warburgs<br />
und Walter Benjamins provisorisch kartiert wurden.<br />
Philippe Cordez | Schatz, Gedächtnis, Wunder. Objekte im Mittelalter (Postdoc)<br />
Einzelforschungen<br />
Vera-Simone Schulz | Invaded by Objects. ›Orientalizing‹ Sacred Images and Spaces in<br />
Tuscany 1200<strong>–</strong>1500 (Doc)<br />
Mediterrane Ikonotope (400<strong>–</strong>1600)<br />
Das Verhältnis von Orten und Bildern ist komplex, vielfach wird heute das Verschwinden<br />
der Orte oder die Entstehung von Nicht-Orten durch die ubiquitären Bilderfluten der megascreens<br />
wie microscreens beklagt. Das greift einerseits für die Gegenwart zu kurz und lädt<br />
im Gegenzug zu einer historischen Reflexion über die Beziehung von Bildern und Orten<br />
ein. Eine solche unternimmt das Projekt mit Fallstudien unterschiedlicher Reichweite für<br />
den nachantiken Mittelmeerraum, und zwar im Besonderen für christliche Sakraltopographien.<br />
Bilder können Orte konstituieren oder siedeln sich an solchen an und formen sich so<br />
zu einmaligen Bildensembles, beide Phänomene durchschichten sich auf unterschiedliche<br />
Weise. Dabei kann es sich um Wandmalereien, Mosaike oder bewegliche Bilder handeln, sie<br />
besetzen und markieren Räume, sie visualisieren lokale Traditionen und verbinden sie mit<br />
anderen, offerieren einen Blick in die Ferne (räumliche wie zeitliche), sie sind Agenten von<br />
Transfer oder einer longue durée usf. Für solche Konstellationen von Bildern und Orten<br />
liegt es nahe, von Ikonotopen zu sprechen. Ikonotop par excellence ist das Katharinenkloster<br />
am Sinai, der Begriff eignet sich auch für Ensembles wie S. Maria Assunta in Torcello<br />
oder Santa Croce in Florenz, auch Dantes Commedia ist ein Ikonotop mit der je spezifischen<br />
Optik von Hölle, Purgatorium und Paradies.<br />
Das Katharinenkloster am Sinai<br />
In den letzten Jahren wurde das justinianische Apsismosaik der Klosterkirche restauriert,<br />
wodurch sich die Möglichkeit zu einer Autopsie desselben vom Gerüst aus bot, Recherchen<br />
in der Ikonensammlung schlossen sich an. Eine mit Jaś Elsner verfasste Studie unternimmt<br />
den Versuch, den Sinai als Bildort neu zu bestimmen und nicht wie häufig die Ikonensammlung<br />
des Sinai primär für eine Geschichte byzantinischer (vor allem hauptstädtischer)<br />
Malerei auszuwerten. Der Sinai ist nicht nur ein Ikonotop im Sinne eines dichten Zusammenspiels<br />
von Bild und Ort in der extremen Spannung zwischen der ›Leere‹ der Wüste und<br />
dem von hohen Mauern umschlossenen Geviert des Klosters mit seinem Reichtum an Bildern,<br />
sondern wirft die Frage nach der Natur von Ort und Bild unter christlichen Prämissen<br />
geradezu explizit auf. So überblendet das Apsismosaik mit der Darstellung der Verklärung<br />
Christi (flankiert von den beiden sinaitischen Propheten Moses und Elias) gleichsam den<br />
Berg Horeb mit dem Berg Tabor, transformiert den Ort des Gesetzes in einen der Gnade,<br />
die in den Ikonen manifest wird. Im Lauf der Jahrhunderte lässt sich ein Wandel in der<br />
Erwartung der Sinaipilger von einer skripturalen zu einer charismatischen Begegnung mit<br />
dem Ort konstatieren, seit dem 12. Jahrhundert tritt neben die biblischen Gedächtnisorte<br />
wie den brennenden Dornbusch die Reliquie der Hl. Katherina von Alexandria, die zum<br />
Zielpunkt der Pilgerreisen wird. Doch die Bilder ›reagieren‹, es bilden sich neue Ikonographien<br />
und Bildkonzepte aus, in den Kreuzzügen durchschichten sich lokale, westliche<br />
und byzantinische Bildsprachen und -formulare. Der Sinai erweist sich als locus sanctus von<br />
hoher Traditionsbildung und zugleich als ›internationaler‹ Knotenpunkt.<br />
Cappella Palatina und normannische Bildkultur Siziliens<br />
Die vielbeschworene interkulturelle Dimension der Bildwelten des normannischen<br />
Siziliens ist ein Versuch der übertreffenden Aneignung monarchischer Repräsentationsformen<br />
des Mittelmeerraums durch Roger II. und Georg von Antiochien. Diese lässt sich<br />
nicht einfach aus der Koexistenz griechischer, lateinischer, arabischer und jüdischer Bevölkerungsgruppen<br />
in Sizilien erklären. Vielmehr unterliegt ihr ein Konzept, das in der<br />
Gerhard Wolf<br />
und verschiedene Partner<br />
in den Teilprojekten