forschungsbericht november 2008 – juli 2012 - Kunsthistorisches ...
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112 | FORSCHUNGEN DES WISSENSCHAFTLICHEN NACHWUCHSES<br />
Gebaute Entfestigung. Architekturen der Öffnung im Turin des frühen<br />
18. und 19. Jahrhunderts<br />
Cornelia Jöchner | Piazza e monumento<br />
Mit dem Ziel, die Öffnung der Stadt als räumlichen Prozess aufzuzeigen, untersucht die<br />
Habilitationsschrift zwei bedeutende Architekturensembles. Dies geschieht mit Hilfe<br />
von begrifflichen und methodischen Ressourcen der kunsthistorischen Raumtheorie, die<br />
zwischen 1890 und 1930 entwickelt wurden und deren Potential hier in eine umfassende<br />
Raumanalyse einging. Der Außenraum ist keine Negativ-Form des Bauwerks, sondern<br />
bleibt eng mit dem Inneren des Gebäudes verknüpft und wird von der Architektur vielfach<br />
determiniert. Obwohl es sich bei der Superga und der Kirche Gran Madre di Dio um zwei<br />
Zentralbauten handelt, die <strong>–</strong> in unterschiedlicher Weise <strong>–</strong> auf das Pantheon rekurrieren,<br />
wäre eine schematische Ableitung wenig produktiv. In Anlehnung an Fritz Schumacher<br />
wird hier die Architektur als »Scheidewand« von Innen und Außen verstanden. Die Studie<br />
gewinnt so neu in die kunstwissenschaftliche Diskussion zu bringende ›Raumtypen‹,<br />
die durch eine herkömmliche Architekturanalyse nicht gewonnen werden könnten: 1. den<br />
der dynastischen Votivkirche, 2. den des Eingangsplatzes um 1800. Was die ›Raumtypen‹<br />
ausmacht, ist das Zusammenwirken von Architektur und der von ihr ausgehenden Rezeptionsangebote.<br />
Dies zeigt sich im Fall der spätbarocken Superga-Kirche als ›Anschauungsraum‹,<br />
im Fall des klassizistischen Ensembles von Piazza Vittorio Emanuele und Gran<br />
Madre di Dio als ›Aktionsraum‹. Die Studie macht deutlich, dass die durch politische Ereignisse<br />
initiierten Architekturen am Rande Turins diesen auf ganz bestimmte Art veränderten.<br />
Erst in solchen »Verbindungstypen« (Simmel), welche die Ordnung des politischen<br />
Raums berücksichtigen, wird die Öffnung der Stadt greifbar. Die Studie wird in der Reihe<br />
des Warburg-Hauses der Universität Hamburg veröffentlicht.<br />
Die neue Sichtbarkeit des Alters. Greise Körper in Kunst und visueller Kultur<br />
Sabine Kampmann | MaxNetAging<br />
Demographischer Wandel und die Veränderung von Altersbildern sind in aller Munde. Die<br />
Bilder des Alter(n)s im eigentlichen, visuellen Sinne, werden bislang jedoch kaum beachtet.<br />
Die Habilitationsschrift beobachtet eine zunehmende Sichtbarkeit alternder Körper in<br />
der zeitgenössischen visuellen Kultur und untersucht diese Visualisierungen in Hinblick<br />
auf ihre unterschiedlichen Erscheinungsformen, Produktions- und Rezeptionsweisen sowie<br />
die Funktionen, die sie in den diversen gesellschaftlichen Kontexten übernehmen. Der<br />
bildwissenschaftlichen Annahme eines visuellen Altersdiskurses folgend, entstammen die<br />
Untersuchungsgegenstände sowohl der Kunst als auch populären und massenmedialen<br />
Bildwelten. Da in der zeitgenössischen Bildproduktion zum Alter(n) Photographien überproportional<br />
häufig erscheinen, steht dieses Medium mit seinen Spezifika im Zentrum der<br />
Untersuchung und wird um bewegte Bilder aus Film und Video ergänzt.<br />
Neben der medialen Analyse ist die semantische Ebene für die Untersuchung zentral. Die<br />
Frage nach dem ›Neuen‹ der Sichtbarkeit des Alters zielt darauf, inwieweit der kunst- und<br />
kulturhistorische Rückblick Umwertungen klassischer Alterstopoi offenbart oder ob etwa<br />
die Etablierung neuer Stereotype zu beobachten sind. Entsprechend steht nicht das Altersbild<br />
des 21. Jahrhunderts am Ende der Studie, sondern verschiedene, miteinander konkurrierende<br />
Bildpolitiken des Alters.<br />
Giorgione, La Vecchia, 1507<strong>–</strong>1508,<br />
Venedig, Galleria dell’Accademia<br />
Living Stone: Lithic Materiality and Early Modern Painting<br />
David Young Kim<br />
This Habilitation project examines the pictorial representation of earth and stone in early<br />
modern European painting. In the realm of spirituality, devotional objects inlaid with<br />
stone or their representations in painting could conjure a plethora of associations for informed<br />
viewers. In the growing discipline of geological sciences, the appearance of the