Tirol hat gewählt - Österreich Journal
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ÖSTERREICH JOURNAL NR. 118 / 03. 05. 2013<br />
Kultur<br />
113<br />
ten lösen? Kann man ein komplett machtbezogenes<br />
Reagieren wieder in fragendes Denken<br />
verwandeln?<br />
Mit den fatalen ideologischen Potentialen<br />
des 20. Jahrhunderts und ihren Wirkungen in<br />
der Gegenwart beschäftigen sich Martin<br />
Kušejs Inszenierung von Miroslav Krležas<br />
In Agonie und ein neues Musik- Theaterprojekt<br />
von Christoph Marthaler: Letzte Tage.<br />
Ein Vorabend. Krležas Trilogie beschreibt<br />
den Zerfall des Habsburgerreichs<br />
von Kroatien aus. In Marthalers Musiktheater<br />
geht es um Verlust und Bruch mit der<br />
Zivilisation. Im Zentrum stehen Kompositionen<br />
aus Wien vertriebener Komponisten<br />
und Texte, welche die nationale Aufrüstung<br />
vor dem Ersten Weltkrieg im populären Rassismus<br />
und Atavismus der Gegenwart spiegeln.<br />
Der Überforderung der Ansprüche der<br />
puren politischen Gegenwart stellt sich<br />
Nicolas Stemann in einem politischen Denkraum<br />
mit einer mehrere Tage währenden<br />
Dauerperformance Kommune der Wahrheit.<br />
Wirklichkeitsmaschine.<br />
Angélica Liddell und Philippe Quesne<br />
erkunden im Grenzbereich von Performance,<br />
Tanz, Schauspiel die Beziehungen<br />
zwischen privatem Erleben und politischem<br />
Raum. Beide Produktionen entstehen im<br />
Auftrag der Wiener Festwochen und sind,<br />
wie auch die Premieren von Bruno Beltrao<br />
und Mariano Pensotti, wirklich neue Arbeiten.<br />
Die junge brasilianische Regisseurin<br />
Christiane Jatahy erzählt in der teils theatralischen,<br />
teils filmischen Arbeit Julia, daß<br />
überkommene patriarchale Machtstrukturen<br />
in einer segregierten Gesellschaft stärker<br />
sind als die Gefühle. Der junge australische<br />
und gerade zu entdeckende Regisseur Simon<br />
Stone verhandelt in einer heutigen Ibsen-<br />
Wildente die private und soziale Krise der<br />
abstürzenden Middle Class. Eine Reihe<br />
neuer, fragiler Performances befragt die<br />
eigenen Voraussetzungen: des Raumes, der<br />
Repräsentanz und des Zuschauers. Romeo<br />
Castellucci mit seiner berühmten und bewegenden<br />
Arbeit Sul concetto di volto nel<br />
Figlio di Dio und Christian Marclay mit seiner<br />
visuellen Konzert-Performance Everyday<br />
zeigen eine theatralisierte, nicht repräsentative<br />
Kunst im großen Raum. Alle Projekte<br />
zwischen Erzählung und abstrahierender<br />
Verkürzung, zwischen konzentrierter<br />
Geschlossenheit und dezentraler Ausgestelltheit<br />
könnten zusammen einen Zustand<br />
der Beunruhigung und künstlerisch-politischen<br />
Selbstbefragung ergeben.<br />
Stefanie Carp<br />
http://www.festwochen.at<br />
Foto: Klaus Lefebvre Foto: Armin Smailovic<br />
Kommune der Wahrheit. Wirklichkeitsmaschine<br />
<strong>Österreich</strong>-Premiere »Über das Konzept des Angesichts von Gottes Sohn«<br />
»<strong>Österreich</strong> <strong>Journal</strong>« – http://www.oesterreichjournal.at