Tirol hat gewählt - Österreich Journal
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ÖSTERREICH JOURNAL NR. 118 / 03. 05. 2013<br />
Europa<br />
Arbeitsbeziehungen<br />
Sozialer Dialog in Europa neuem Bericht zufolge unter Druck<br />
50<br />
Die andauernde Wirtschaftskrise stellt<br />
eine ernsthafte Herausforderung für den<br />
Dialog zwischen Arbeitnehmern, Arbeitgebern<br />
und Regierungen dar. Dies ergibt sich<br />
aus einem am 11. April von der Europäischen<br />
Kommission veröffentlichten Bericht.<br />
Aus dem Bericht geht hervor, daß die jüngsten<br />
staatlichen Reformen nicht immer mit<br />
einem funktionierenden sozialen Dialog einhergingen,<br />
woraus zunehmend konfliktbeladene<br />
Arbeitsbeziehungen in Europa resultieren.<br />
László Andor, Kommissar für Beschäftigung,<br />
Soziales und Integration, erklärte:<br />
„Der soziale Dialog ist vor dem Hintergrund<br />
einer schwachen makroökonomischen Nachfrage,<br />
von Steuererhöhungen und staatlichen<br />
Ausgabenkürzungen zunehmend unter Druck.<br />
Wir müssen die Rolle der Sozialpartner auf<br />
allen Ebenen stärken, wenn wir diese Krise<br />
überwinden und die Vorzüge des europäischen<br />
Sozialmodells erhalten wollen. Nur<br />
mit einem gut strukturierten sozialen Dialog<br />
können wir den demografischen Wandel bewältigen<br />
und bessere Arbeitsbedingungen<br />
und einen stärkeren sozialen Zusammenhalt<br />
schaffen. Der soziale Dialog in den mittelund<br />
osteuropäischen Mitgliedsstaaten ist<br />
derzeit deutlich schwächer ausgeprägt und<br />
muß gestärkt werden.“<br />
Problemlösungspotential des sozialen<br />
Dialogs kann helfen, Krise zu überwinden<br />
Die Einbeziehung von Arbeitnehmerund<br />
Arbeitgebervertretern – den „Sozialpartnern“<br />
– bei staatlichen Reformen ist entscheidend,<br />
da Lösungen im Rahmen des<br />
sozialen Dialogs in der Regel größere gesellschaftliche<br />
Akzeptanz finden und in der<br />
Praxis leichter umsetzbar und weniger konfliktträchtig<br />
sind. Einvernehmliche Vereinbarungen<br />
unter Einbeziehung der Sozialpartner<br />
tragen also zur langfristigen Nachhaltigkeit<br />
wirtschaftlicher und sozialer<br />
Reformen bei. Ein gut strukturierter sozialer<br />
Dialog kann effektiv dazu beitragen, die<br />
wirtschaftliche Widerstandskraft Europas zu<br />
stärken. In Ländern, in denen der soziale<br />
Dialog fest etabliert ist und starke Strukturen<br />
für Arbeitsbeziehungen bestehen, ist im<br />
allgemeinen die wirtschaftliche und soziale<br />
Situation stabiler und weniger unter Druck.<br />
Das Problemlösungspotential des sozialen<br />
Foto: European Union, 2013<br />
László Andor, Kommissar für Beschäftigung, Soziales und Integration<br />
Dialogs kann dazu beitragen, die aktuelle<br />
Krise zu überwinden. Der neue Bericht<br />
zeigt, wie die Ergebnisse des europäischen<br />
sozialen Dialogs einen deutlichen Einfluß<br />
auf das Arbeitsleben der Menschen in Europa<br />
haben können, etwa durch die Verbesserung<br />
von Gesundheit und Sicherheit am<br />
Arbeitsplatz sowie der Arbeitsbedingungen.<br />
Angesichts der staatlichen Ausgabenkürzungen<br />
in vielen Mitgliedsstaaten konzentriert<br />
sich der Bericht auf Arbeitsbeziehungen<br />
im öffentlichen Sektor (öffentliche Verwaltung,<br />
Bildungs- und Gesundheitswesen).<br />
Bei der Umstrukturierung des öffentlichen<br />
Sektors haben die Regierungen hauptsächlich<br />
auf Effizienzgewinne geachtet. Einige<br />
Länder gehen weiterhin so vor, verwenden<br />
dabei aber einen ausgewogeneren Ansatz,<br />
der weniger Konflikte auslöst und Spielraum<br />
für zwischen Gewerkschaften und öffentlichem<br />
Arbeitgeber ausgehandelte gemeinsame<br />
Lösungen bietet. Anderswo wurde bei<br />
der Umsetzung der Entscheidungen häufig<br />
der soziale Dialog außer Acht gelassen. Dieser<br />
Trend ist nicht auf diejenigen Länder<br />
beschränkt, die finanzielle Unterstützung<br />
von der EU und dem Internationalen Währungsfonds<br />
erhalten. In vielen Mitgliedsstaaten<br />
haben Steuererhöhungen und staatliche<br />
Ausgabenkürzungen deshalb eine Welle<br />
von Arbeitskonflikten ausgelöst und gezeigt,<br />
wie umstritten einige der Reformmaßnahmen<br />
sind, die ohne sozialen Dialog eingeführt<br />
wurden.<br />
»<strong>Österreich</strong> <strong>Journal</strong>« – http://www.oesterreichjournal.at<br />
Mittel- und osteuropäische Länder<br />
In dem Bericht wird auch die Situation<br />
des sozialen Dialogs in Mittel- und Osteuropa<br />
analysiert. Zwar gibt es große Unterschiede<br />
zwischen den Ländern der Region,<br />
aber in allen – mit der bemerkenswerten<br />
Ausnahme Sloweniens – sind die Strukturen<br />
der Arbeitsbeziehungen schwach und zersplittert.<br />
Einige Reformen unterminieren die<br />
Einbeziehung der Sozialpartner bei Veränderungen<br />
sogar noch. Der Bericht zeigt, daß<br />
die Wiederbelebung der nationalen Systeme<br />
der Arbeitsbeziehungen und die Förderung<br />
und Wiederherstellung einer Konsenskultur<br />
von wesentlicher Bedeutung dafür ist, die<br />
langfristige Nachhaltigkeit der aktuellen<br />
wirtschaftlichen und sozialen Reformen zu<br />
gewährleisten.<br />
Andere im Bericht untersuchte Aspekte<br />
sind die Einbeziehung der Sozialpartner bei<br />
der Reform von Arbeitslosenversicherung<br />
und Rentensystemen sowie beim Übergang<br />
zu einer nachhaltigeren und weniger von<br />
fossilen Brennstoffen abhängigen Wirtschaft.<br />
Während in Ländern wie Belgien,<br />
Frankreich, den Niederlanden und Spanien<br />
Gewerkschaften in den Prozeß der Rentenreformen<br />
einbezogen waren, ist die Rolle der<br />
Sozialpartner anderswo äußerst gering, was<br />
zu Konflikten führt. In bezug auf den Klimawandel<br />
belegt der Bericht, daß die Sozialpartner<br />
in diesem Bereich aktiver geworden<br />
sind und ihre Einstellung zur „Grünen<br />
Agenda“ zunehmend positiv ist. •