Tirol hat gewählt - Österreich Journal
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ÖSTERREICH JOURNAL NR. 118 / 03. 05. 2013<br />
Kultur<br />
91<br />
Foto:Musiktheater Linz / Reinhard Winkler<br />
Erstmalig bei einem Opernhaus wurden innerhalb des Saales Verbindungstreppen zwischen den einzelnen Rängen hergestellt,<br />
was nicht nur räumliche Durchlässigkeit erzeugt, sondern sich auch auf die Akustik positiv auswirkt. Durch diesen Kniff<br />
erreicht man ein raumakustisches Volumen, das an die Mailänder Scala herankommt.<br />
am besten Weg ein Markenzeichen Oberösterreichs<br />
zu werden: Dank der Architektur<br />
(Entwurfsplanung: Terry Pawson Architects,<br />
London; Ausführungsplanung: ArchitekturConsult<br />
ZT GmbH und Archinauten –<br />
Dworschak + Mühlbachler Architekten ZT<br />
GmbH), bahnbrechender Standards in Sachen<br />
Ökologie und Energieeffizienz – das<br />
neue Musiktheater ist ein Niedrigstenergiehaus<br />
–, wegweisender Bühnentechnik, höchstem<br />
Komfort (bis zu 105 cm Sitzreihenabstand)<br />
und bester Akustik ist dieser innovative<br />
Theaterbau bereits heute weit über die<br />
Region hinaus bekannt.<br />
Ein zentraler Dreh- und Angelpunkt ist<br />
die Lage des Theatergebäudes am Linzer<br />
Volksgarten. Das neue Musiktheater wurde<br />
von Terry Pawson städtebaulich so konzipiert,<br />
daß der Park quasi als Vorgarten des<br />
Theaters fungiert. Das Gebäude selbst wirkt<br />
als dramatische Kulisse für den Park, was<br />
das Theater – so Pawson – zum „Wohnzimmer<br />
der Stadt“ macht.<br />
Die Architektur<br />
Das Musiktheater Linz ist als in sich<br />
ruhender Baukörper angelegt, klar strukturiert<br />
und trotz seiner enormen Größe überschaubar,<br />
und besticht formal durch eine<br />
zeitlose Moderne klassizistischer Prägung.<br />
Wie eine doppelte Kolonnade zieht sich ein<br />
Raster aus weißen Betonfertigteilen – von<br />
Terry Pawson als metaphorisch „umlaufender<br />
Vorhang“ geplant – schützend rund ums<br />
Haus. Mit diesem architektonischen Kunstgriff<br />
einer äußeren Schicht, die begrenzend<br />
und gleichzeitig durchlässig ist, wird das Gebäude<br />
dem Anspruch gerecht, als Kulturinstitution<br />
mit dem Stadtgeschehen vernetzt<br />
zu sein. In die Betonfertigteile sind teilweise<br />
Travertinplatten eingelegt, um fallweise eine<br />
massive Außenhaut zu erzeugen. Die<br />
Freundlichkeit des Farbtones der Travertinplatten<br />
an der Fassade und die dunkle Färbung<br />
der Messingpatina bei den Fensterfeldern<br />
werden als formale Elemente auch<br />
im Inneren des Opernhauses eingesetzt.<br />
„Architektur Consult“ und „Archinauten“<br />
wählten als Bodenbelag im Eingangsfoyer<br />
einen geschliffenen, hellen Untersberger<br />
Marmor, der sich auch über die Treppen<br />
zieht, und dunkles, gedämpftes Akazienholz<br />
für Wandverkleidungen und den Raumteiler<br />
in vertikaler Lamellenform. Im Auditorium<br />
wird die Schale aus matten Holzoberflächen<br />
durch die golden schimmernden Balkons<br />
»<strong>Österreich</strong> <strong>Journal</strong>« – http://www.oesterreichjournal.at<br />
kontrastiert. Diese sind mit einer glatten<br />
Oberfläche aus Flüssigmetall versehen, die<br />
bei künstlichem Licht durch die Reflexion<br />
tiefenwirksam erstrahlt. Die Treppen der internen<br />
Erschließung der Ränge im Zuschauerraum<br />
sind durch schmal dimensionierte,<br />
goldene Metallstäbe abgetrennt, die vom<br />
Boden bis zur Decke gespannt sind und die<br />
Wirkung eines Perlvorhangs erzielen. Somit<br />
findet sich auch hier ein „Vorhang“, der sich<br />
als gestalterisches Leitmotiv von der Fassade<br />
bis ins Herzstück des Musiktheaters,<br />
ins Auditorium, zieht.<br />
An der Detailausführung ist die Handschrift<br />
der österreichischen Architekten verstärkt<br />
ablesbar, womit man die Gestaltung<br />
des Bauwerks als ein produktives Zusammenspiel<br />
von internationaler und nationaler<br />
Architektenkompetenz bezeichnen kann.<br />
Die Bühnentechnik<br />
gewährleistet Verwandlungszauber und Wirtschaftlichkeit<br />
in einem Ausmaß, das kaum<br />
sonst in einem Repertoire-Haus zu finden<br />
ist. Ihr Herzstück ist die multifunktionale<br />
Transportdrehbühne mit 32 Metern Durchmesser.<br />
Sie ist eine der größten ihrer Art in<br />
Mitteleuropa und erlaubt es, mehrere Büh-