Tirol hat gewählt - Österreich Journal

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ÖSTERREICH JOURNAL NR. 118 / 03. 05. 2013 Kultur 98 Leopoldmuseum-Privatstiftung Wien Egon Schiele (1890 Tulln – 1918 Wien) Die kleine Stdadt II, 1913, Öl / Bleitstift auf Leinwand wahrgenommen wird. Im Laufe des 20. Jahrhunderts führen Luftfahrt und Satellitentechnik dazu, daß die Vogelperspektive selbstverständlich wird und Dach und Dachlandschaften im Blickfeld bleiben. Die Ausstellung setzt diesem Umstand entsprechend im beginnenden 20. Jahrhundert ein und entwirft einen kulturhistorischen wie zeitgenössischen Blick auf das Thema „Dächer und Dachlandschaften“ in Malerei, Zeichnung, Fotografie, und Film. Daß sie in Kitzbühel stattfindet, ist in mehrfacher Hinsicht kein Zufall. Der charakteristische Bogen der Kitzbüheler Altstadthäuser bietet sich von oben betrachtet als geschlossene Dachlandschaft dar, die von der um 1900 neu erschlossenen Bergwelt aus in Fotografie und Kunst wahrgenommen wurde. Ihren konstruktiven Reiz hat der österreichische Maler Alfons Walde in seinen in Auseinandersetzung mit Schieles Krumauer Dachlandschaften entstandenen Gemälden wie „Stadt im Tauschnee“ entdeckt und eindrucksvoll festgehalten. Aber schon ziemlich genau drei Jahrhunderte vor ihm hat Andreas Faistenberger Kitzbühel als eine der ersten Tiroler Städte in der Tradition der Renaissance-Ansichten aus der Vogelperspektive dargestellt. Kitzbühels Dächer sind als besonderes „Gustostückerl“ für die Dauer der Ausstellung von einer erhöhten Dachterrasse aus einsehbar und auf werden auf diese Weise selbst zum Exponat. Egon Schiele ist mit den Bleistiftzeichnungen „Rattenberg“ (1917) und „Krumauer Stadtviertel“ (1914) in Faksimiles und dem großformatigen Ölgemälde „Die kleine Stadt II“ (1913) vertreten, die – sozusagen als berühmtes Pendant zu Walde – als international bekannter Ausgangspunkt der von Günther Moschig kurartierten Schau gelten dürfen. Von Schiele und Walde spannt sich der Bogen über die Tiroler und Vorarlberger Zeitgenossen Wilhelm Nikolaus Prachensky und Rudolf Wacker zu jüngeren Positionen etwa eines Gerhard Richter. Seine 1968/ 1969 entstandenen Serie von Städtebildern, in Kitzbühel vertreten mit Stadtbild (1969, WVZ 224-8), steht unter anderem im Zeichen der Abkehr „vom interessanten Inhalt und von der illusionistischen Malerei“ (zitiert nach: Dietmar Elger, Gerhard Richter, Maler, Dumont: Köln 2003, S. 203). Zeitgenössische Arbeiten lassen das breite Spektrum des Themas hervortreten. Zeigt etwa Hubert Schmalix in in Isabel Drive, Fresnaida 02 die von Eigenheimen der weißen Mittelschicht geprägten Vorstädte der 3,8 Millionenstadt Los Angeles und ruft damit gesellschaftliche Konstellationen ebenso ins »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 118 / 03. 05. 2013 Kultur 99 Privatsammlung Österreich, courtesy Georg Kargl Fine Arts, Wien Bewußtsein wie David Goldblatt, der mit Cosmo City, 15. August (2009) die Machtverhältnisse in Südafrika widerspiegelt, macht Bas Jan Ader in All my clothes (1970) mit seiner Kleidung am Dach seines Hauses in Claremont das Privat öffentlich und damit auf die Funktion des Daches als Grenze zwischen privatem und öffentlichem Raum aufmerksam. Erwin Wurms modellhafte Hausskulpturen Dissmiss oder Docile lassen wiederum als eng mit dem Individuum verbundene Hülle Rückschlüsse über die Nutzerin, den Nutzer zu. Es sind nicht zuletzt die hier angesprochenen sozialen Implikationen die den besonderen Reiz der von einem Katalog begleiteten Kitzbüheler Ausstellung ausmacht mit Werken von Bas Ader, Andreas Faistenberger, David Goldblatt, Siggi Hofer, Thoralf Knobloch, Ines Lombardi, Alois Mosbacher, Wilhelm Nikolaus Prachensky, Olaf Quantius, Gerhard Richter, Egon Schiele, Nikolaus Schletterer, Hubert Schmalix, Alexandra Wacker, Rudolf Wacker, Alfons Walde, Hans Weigand und Erwin Wurm. Von einer anläßlich der Ausstellung errichteten Dachterrasse gewährt das Museum Ausblick auf die Dächer Kitzbühels. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog. Alfons Waldes Sicht der Kitzbüheler und Tiroler Winterlandschaft und des Wintersports erfreuen sich seit jeher größter Beliebtheit. Gemälde wie „Almen im Schnee“, „Auracher Kirchl“, „Kristiana“ oder „Der Aufstieg“ haben entscheidenden Anteil am Bild Tirols als verschneites Bergland, das zu aktiver sportlicher Betätigung herausfordert. Später entdeckt, inzwischen aber ebenso anerkannt, sind Waldes grandiose Akte und Stilleben und sein im Zeichen der Wiener Sezessionskunst, Gustav Klimts und insbesondere Egon Schieles stehendes Frühwerk. http://www.museum-kitzbuehel.at Oben: Ines Lombardi (* 1958 Sao Paulo), Untitled (S.P. Downtown), 1996-98, Farbfotografie auf Acrylglas. Unten: Siggi Hofer (* 1970 Bruneck/Südtirol) »Demokratie«, 2010, Buntstift auf Papier Sammlung Raiffeisenbank Kitzbühe »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at
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Ausg. Nr. 118 • 3. Mai 2013 Unpar
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