Jürgen Palm - Kreis Offenbach
Jürgen Palm - Kreis Offenbach
Jürgen Palm - Kreis Offenbach
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Eine andere Arbeitswelt<br />
verstehen uns ganz klar als kulturtreibender und kulturtragender Verein,<br />
das ist das eigentliche Ziel. Dass es darüber hinaus auch noch<br />
interessante soziale Aktivitäten wie Ausflüge und interne Feiern gibt,<br />
ist schön und wichtig, aber es steht nicht Vordergrund.“<br />
Steht die Verfolgung des eigentlichen Vereinszwecks sehr stark im Vordergrund,<br />
treffen sich also z. B. die Mitglieder eines Chores ausschließlich<br />
zu Proben und Aufführungen und gehen danach ohne einen Besuch in der<br />
Kneipe wieder auseinander, so wird der Verein allmählich den Vereinscharakter<br />
verlieren und sich zu einer Dienstleistungseinrichtung entwickeln. Zu<br />
beobachten ist eine solche Tendenz bei einigen Sportvereinen, die angesichts<br />
des Erfolges gewerblicher Fitnesscenter dieses Modell zu kopieren<br />
suchen. 9 Die Bindung an den Verein wird zumindest bei denen, die neu<br />
hinzukommen, in der Regel gering sein. Über „Dabeibleiben“ oder „Gehen“<br />
entscheidet hier – natürlich neben den allfälligen beruflichen und familiären<br />
Begründungen – die Qualität der Dienstleistung, im Chorbereich also das<br />
musikalische Niveau der Chorleitung, die Frage, ob einem das Repertoire<br />
gefällt oder nicht, das Stimmbildungsangebot und nicht zuletzt die musikalische<br />
Leistungsfähigkeit des Chores insgesamt, die wiederum für die Erfolgsaussichten<br />
bei Wettbewerben maßgeblich ist.<br />
Daniela Wolf: „Wir sprechen natürlich auch unsere neuen Mitglieder<br />
(bei ‘la cappella’ 10 ) darauf an, sich an den Veranstaltungen des Gesamtvereins<br />
und den Diensten, die dort anfallen, zu beteiligen. Die<br />
Leute wissen, dass wir viele Veranstaltungen wesentlich auch wegen<br />
der damit verbundenen Einnahmen für die Vereinskasse durchführen.<br />
Da werden wir dann gefragt: ‘Warum erhöht ihr nicht einfach den Vereinsbeitrag<br />
so, dass es für die Deckung der Kosten reicht? Dann<br />
brauchen wir keine wirtschaftlichen Veranstaltungen und müssen keine<br />
Dienste schieben, sondern können uns in der Zeit, die uns zur<br />
Verfügung steht, ganz auf die Musik konzentrieren.’<br />
Das wollen wir nicht. Es geht uns darum, dass es Möglichkeiten geben<br />
muss, für wenig Geld zu singen bzw. sich gesanglich weiter zu<br />
entwickeln. Es ist mir ein moralisches Anliegen, dass Singen und gemeinsam<br />
Spaß haben nicht gleich mit einer hohen finanziellen Gegenleistung<br />
verbunden ist, sondern dass auch derjenige mit kleinem<br />
9 Wie immer bestätigen auch hier Ausnahmen die Regel: es gibt auch gewerbliche Fitnesscenter<br />
bzw. entsprechend orientierte Vereine, in denen sich dennoch ein sozialer Zusammenhalt<br />
entwickelt.<br />
10 Vgl. Abschnitt 4.4 dieser Fallstudie.<br />
46