Bürger, die Geschichte schreiben - Stiftung Polytechnische ...
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staDtteilHistoriker 2007 – 2010 | reNate HeBaUF, NorDeND 109<br />
Das Haus in der Gaußstraße, 2003. (Foto: Hebauf)<br />
jüdischen Bewohner des ‚Ghettohauses’ Gaußstraße 14 zu erarbeiten,<br />
konnte ich auf meinen früheren recherchen in archiven und Zeitzeugenbefragungen<br />
aufbauen. Die ergebnisse waren teilweise bereits in<br />
einen 1999 erschienen aufsatz des sammelbands „Nach der kristallnacht“<br />
eingegangen (hrsg. von Monica kingreen, Frankfurt am Main<br />
1999).<br />
in dem Projekt „stadtteilHistoriker“ ging es darum, neu zugängliche<br />
Quellen – beispielsweise im archiv des internationalen such<strong>die</strong>nstes<br />
(its) arolsen – auszuwerten oder verbesserte recherchemöglichkeiten<br />
über das internet zu nutzen, <strong>die</strong> dann auch etliche neue<br />
erkenntnisse und Details über den Verfolgungsprozess und <strong>die</strong> Biografien<br />
einzelner Hausbewohner erbrachten. Überaus wertvoll war bei<br />
meinen recherchen <strong>die</strong> Zusammenarbeit mit Nachkommen ehemaliger<br />
Bewohner im ausland, von denen ich viele erst 2006 mit Hilfe<br />
des internets und anlässlich einer ‚stolperstein’-Verlegung des künstlers<br />
Gunter Demnig für ehemalige Hausbewohner ausfindig machen<br />
konnte. sie schlugen für mich ihre Familienalben auf, kopierten für<br />
mich Fotos, Dokumente und Briefe ihrer angehörigen und ergänzten<br />
<strong>die</strong>ses Material mit persönlichen erinnerungen. einige wussten allerdings<br />
sehr wenig über <strong>die</strong> Verfolgungs- und lebensgeschichte ihrer<br />
eltern oder Großeltern, da <strong>die</strong>se sie mit ihren schlimmen erlebnissen<br />
nicht hatten belasten wollen.<br />
ZUr PersoN<br />
Renate Hebauf<br />
renate Hebauf ist ausgebildete Verlagskauffrau.<br />
in einer abendschule holte<br />
sie nach einigen jahren Berufstätigkeit das<br />
abitur nach und nahm in Frankfurt am Main<br />
ein studium der Germanistik, romanistik<br />
und Pädagogik auf. in Barcelona vertiefte<br />
sie ihre spanischkenntnisse. Zur Zeit arbeitet<br />
sie als redakteurin und lektorin<br />
für verschiedene Zeitschriften der Hans-<br />
Böckler-stiftung. seit 2005 engagiert sie<br />
sich ehrenamtlich bei der initiative stolpersteine<br />
Frankfurt am Main e. V.<br />
Die einjährige Förderung meiner Forschungsarbeit hat mir einen<br />
entscheidenden impuls zur erarbeitung einer Gesamtdarstellung<br />
gegeben und wesentlich zur entstehung des kürzlich erschienenen<br />
Buches beigetragen (Gaußstraße 14. ein „Ghettohaus“ in Frankfurt<br />
am Main, Hanau 2010)<br />
Das Buch erzählt <strong>die</strong> <strong>Geschichte</strong> der jüdischen Hausbewohner zwischen<br />
1912 und 1945 anhand von exemplarischen einzelschicksalen,<br />
aus denen sich aber auch ein erstaunlich differenziertes Bild des<br />
allgemeinen Prozesses der nationalsozialistischen judenverfolgung<br />
ergibt. ein teil mit kurzbiografien, in dem an alle todesopfer, Überlebenden<br />
von kZs und ins exil Davongekommenen unter den ehemaligen<br />
Hausbewohnern erinnert wird, ergänzt den exemplarischen<br />
teil. Zahlreiche abbildungen veranschaulichen den text. ich hoffe,<br />
das Buch trägt dazu bei, einer breiten Öffentlichkeit einen schwierigen<br />
teil der stadtgeschichte näherzubringen und an einen vergessenen<br />
teil der Frankfurter Bevölkerung zu erinnern: an Menschen, <strong>die</strong><br />
vor ihrer ausgrenzung als „juden“ und ihrer Verfolgung und Vertreibung<br />
Frankfurter <strong>Bürger</strong> waren und einen wesentlichen teil des wirtschaftlichen,<br />
sozialen und kulturellen lebens und reichtums <strong>die</strong>ser<br />
stadt ausgemacht haben.