Bürger, die Geschichte schreiben - Stiftung Polytechnische ...
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98 staDtteilHistoriker 2007 – 2010 | lilo GÜNZler, sCHWaNHeiM<br />
lilo GÜNZler, sCHWaNHeiM<br />
„jetzt geht es mir gut –<br />
jetzt kann ich reden.“<br />
Lilo Günzlers Autobiographie beendet ein 50-jähriges Schweigen<br />
Die StadtteilHistorikerin Lilo Günzler (r.) gemein sam mit ihrer Co-Autorin<br />
Agnes Rummeleit (l.).<br />
Die stadtteilHistorikerin lilo Günzler beschreibt in ihrer autobiographie<br />
ihr Überleben als „Mischling ersten Grades“, als der sie sich<br />
tituliert sah, in der Frankfurter innenstadt. Mehr und mehr wird <strong>die</strong>ser<br />
rassenideologische ausdruck zum symbol ihrer angst und zum<br />
Damoklesschwert über ihrer gesamten jugend, <strong>die</strong> sie zeitweise<br />
versteckt in Frankfurt am Main verbringt. es ist eine <strong>Geschichte</strong>, <strong>die</strong><br />
vor allem junge Menschen in ihren Bann zieht; zahlreich kommen sie<br />
zu den lesungen, und immer wieder – „solange ich es noch kann“,<br />
sagt lilo Günzler – geht sie auf einladung in <strong>die</strong> schulen. Minutiös<br />
haben <strong>die</strong> autorin und ihre Co-autorin agnes rummeleit den alltag<br />
der Familie während des Zweiten Weltkrieges aufgezeichnet. es ist<br />
neben vielen schrecken und beängstigenden situationen auch <strong>die</strong><br />
<strong>Geschichte</strong> von gewährter Hilfe – und es ist <strong>die</strong> <strong>Geschichte</strong> einer<br />
wundersamen rettung.<br />
lilo Günzler schrieb ihre erinnerungen erst spät nieder. Nach dem<br />
krieg musste sie sich zuerst eine andere identität aufbauen. „ich<br />
habe <strong>die</strong>se Zeit gebraucht“, sagt sie, „der Neuanfang hier in schwanheim,<br />
überhaupt <strong>die</strong> ganze Zeit mit meinem Mann und den kindern<br />
seit 1965, das war meine schönste Zeit.“ als sie sich ganz aus eigener<br />
„Agnes hat mich gezwungen, mich wieder<br />
und wieder mit den Details zu befassen,<br />
<strong>die</strong> einem Nachgeborenen unverständlich<br />
waren. Das hat sich für unser Buch als<br />
sehr wertvoll erwiesen.“<br />
kraft einen festen stand im stadtteil, bei unzähligen initiativen in<br />
der Gemeinde, im Heimat- und Geschichtsverein und beim theaterkreis<br />
erarbeitet hatte, da konnte sie ‚endlich reden’: „als alle mich<br />
mochten, fühlte ich mich endlich sicher genug, meine ganze <strong>Geschichte</strong><br />
zu erzählen.“<br />
„ich habe nur nachts geschrieben, ich wollte es, als ich einmal angefangen<br />
hatte, auch endlich los sein“, erzählt lilo Günzler über ihre<br />
arbeit an dem Buch, <strong>die</strong> schließlich im jahr 2008 begann. – „lilos