Bürger, die Geschichte schreiben - Stiftung Polytechnische ...
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staDtteilHistoriker 2007 – 2010 | aDalBert Vollert, NieD 41<br />
„Die von mir geschilderten kriegerischen<br />
Ereignisse beherrschten das Leben einer<br />
ganzen Generation – und sind doch völlig<br />
in Vergessenheit geraten.“<br />
gewicht auf dem „Dorf“ Nied liegt. Denn weite teile des Buches sind<br />
dem dörflichen alltagsleben gewidmet, dem leben und streben,<br />
den schicksalen seiner Bewohner um 1800. auch der Fluss selbst, <strong>die</strong><br />
Nidda, kommt vor. in einem heute kaum noch vorstellbaren ausmaß<br />
bestimmte er durch seine – unregulierten – Gewässer, seinen sumpf,<br />
schließlich durch sein Niedrig- und Hochwasser das tägliche leben.<br />
in <strong>die</strong>ser in weiten teilen natürlichen, landwirtschaftlich allenfalls<br />
extensiv genutzten landschaft, stellte eine befestigte straße in der<br />
regel <strong>die</strong> einzige Verbindung von einem Punkt zum anderen dar.<br />
in einem in Vollerts Buch zitierten zeitgenössischen reisebericht<br />
aus dem jahr 1801 heißt es: „Hier bin ich am Gestade der Nidda, dem<br />
schauplatz so mancher blutiger auftritte während des verflossenen<br />
krieges [2. koalitionskrieg]. … Die linie, <strong>die</strong> man zu verteidigen hatte,<br />
war immer zu lang für das kleine Corps, das man hier stellen konnte,<br />
und so empfanden <strong>die</strong> unglücklichen Bewohner der Ufer <strong>die</strong>ses<br />
Flusses fast jährlich einmal <strong>die</strong> Geißel des krieges. – Das Dorf Nied,<br />
das man hier passiert, hat <strong>die</strong>ses vorzüglich [= vor allem] hart getroffen.<br />
an seinem ausgange nach Höchst zu, ist <strong>die</strong> Brücke über den<br />
jetzt kleinen Fluß, der aber manchmal heftig anschwillt. jenseits<br />
desselben standen <strong>die</strong> Franzosen und feuerten auf <strong>die</strong> teutschen,<br />
<strong>die</strong> sich <strong>die</strong>sseits verteidigten. – Man sehe <strong>die</strong> Häuser des Dorfes zur<br />
rechten und zur linken! sie sind verwüstet und von kugeln durchlöchert…<br />
Während des Gefechts brannte es im Dorfe. Man denke sich<br />
das entsetzen der landleute, <strong>die</strong> ihre Häuser brennen sehen, und den<br />
Feind nur hundert schritte von ihrem Dorf erblicken.“<br />
soweit der Bericht des Zeitgenossen. Doch damit nicht genug.<br />
„Weitere 14 schwere kriegsjahre folgten“, so Vollert. Doch belässt er<br />
es nicht bei <strong>die</strong>ser nüchternen Feststellung, sondern führt in einem<br />
annalistischen abschnitt <strong>die</strong> Folgen und kosten der kriege für Nied<br />
detailliert auf. auch eine liste mit 52 Geschädigten aus dem jahre<br />
1795, als <strong>die</strong> französische kavallerie <strong>die</strong> Nidda richtung osten überschreiten<br />
wollte und <strong>die</strong> im Dorf verschanzten kaiserlichen angegriffen<br />
hatte (so geschehen am 12. oktober), führt er an. in <strong>die</strong>ser liste<br />
werden auch <strong>die</strong> einkommensquellen der geschädigten Dorfbewohner<br />
deutlich. am meisten litt demnach offenbar johann tempel, der<br />
schankwirt „Zum grünen Baum“, unter wirtschaftlichen Verlusten.<br />
listen und erläuterungen <strong>die</strong>ser art, in denen das tägliche leben<br />
schmucklos und ohne falsche Verklärungen sichtbar wird, gehören<br />
neben den zahlreichen illustrationen und karten zu den Besonderheiten<br />
<strong>die</strong>ses Buches.<br />
ZUr PersoN<br />
Adalbert Vollert<br />
Der pensionierte lehrer und schulleiter<br />
der Gerhart-Hauptmann-schule im Frankfurter<br />
ostend adalbert Vollert wurde 1925 in<br />
der damals noch selbstständigen Gemeinde<br />
Nied geboren. er war im jahr 1982 initiator<br />
des Heimat- und Geschichtsvereins Nied.<br />
Die Vereinsgründung sollte den historischen<br />
interessen im stadtteil einen festen<br />
rahmen geben. Die stadtteilgeschichtliche<br />
entwicklung wurde nicht zuletzt durch<br />
ein Buch Vollerts angestoßen: 1978 war<br />
<strong>die</strong> „Chronik von Nied“ aus seiner Feder<br />
erschienen.