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Bürger, die Geschichte schreiben - Stiftung Polytechnische ...

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staDtteilHistoriker 2007 – 2010 | karlFritZ, HeDDerNHeiM 31<br />

Plan von Heddernheim, 1876. (Bild: ISG)<br />

Niederlassungsfreiheit nach 1806 schließlich brachte eine große Zahl<br />

von Menschen aus den armutsgebieten zwischen lahn und Hochtaunus<br />

in das prosperierende, da gewerblich genutzte Urselbachgebiet<br />

und damit auch nach Heddernheim. alle <strong>die</strong>se Gruppen bilden,<br />

verändern und bereichern den spezifisch Heddernheimer Dialekt. 1871<br />

wurde im neuen kaiserreich <strong>die</strong> allgemeine Niederlassungs freiheit<br />

wirksam und der Zuzug auch aus Bayern, thüringen und Preußen begann.<br />

1910 wurde Heddernheim nach Frankfurt eingemeindet und der<br />

Dialekt verstädterte. soweit in groben Zügen <strong>die</strong> historische einordnung<br />

der verschiedenen Quellen des Heddernheimer Dialektes.<br />

„Heddernheim hatte in meiner Kindheit ein<br />

gewisses Eigenleben, und noch heute fühle<br />

ich mich nicht so ganz als ‚echter Frankfurter’.<br />

Wohl aber bin ich stolz auf <strong>die</strong> gemeinsame<br />

<strong>Geschichte</strong> aller Orte und Vororte<br />

längs der Nidda.“<br />

Die spezialitäten des Heddernheimer Dialekts finden sich alles in<br />

allem weniger in der Phonetik, also der aussprache, als im Wortschatz.<br />

Deutlich wird <strong>die</strong>s zum Beispiel in ortsbezeichnungen und<br />

Flurnamen wie Brühlwiese (von galloromanisch brogilo = Buschwiese),<br />

Dalles (dael = Feld, Platz), oder Wingert als Bezeichnung eines eingezäunten<br />

Graslandes. anderes stammt aus der Zeit, als der Freiherr<br />

nach 1720 das land systematisch erschloss, wie kaltmiehl (Mühle<br />

für kaltgepresstes leinöl), schnupfmiehl (Mühle zur Herstellung von<br />

schnupftabak) oder sandelmiehl (Mühle für sandelholzpulver als<br />

rotes Pigment). auch <strong>die</strong> französische alltagssprache der schlossbewohner<br />

trug ihren teil zum Heddernheimer Wortschatz bei. Zu-<br />

ZUr PersoN<br />

Karlheinz Fritz<br />

Der stadtteilHistoriker karlheinz Fritz<br />

wurde 1930 in Frankfurt am Main geboren.<br />

er besuchte <strong>die</strong> Grundschule in der<br />

römerstadt und in eschersheim, darauf <strong>die</strong><br />

Mittelschule in der innenstadt und schließlich<br />

von 1947 bis 1951 das eschers heimer<br />

Ziehen -Gymnasium. Nach dem studium<br />

legte er ebenfalls in Frankfurt am Main<br />

seine Diplomprüfung als Handelslehrer ab.<br />

Nach einer station in Hofheim am<br />

taunus war er bis 1992 oberstu<strong>die</strong>nrat und<br />

stu<strong>die</strong>ndirektor an der Wilhelm-Mertonschule<br />

in Frankfurt.<br />

Fritz geht im kulturverein Harheim<br />

und im Geschichtsverein Heldenbergen im<br />

Main-kinzig-kreis seinen interessen an der<br />

<strong>Geschichte</strong> der Wetterau und den Mundarten<br />

des rhein-Main-Gebietes nach. er lebt<br />

in Frankfurt-Harheim.<br />

rückverfolgen lassen sich zum Beispiel tribelieren für nötigen,<br />

pexieren für etwas anstellen, aber auch Drimmo (von frz. trumeau)<br />

für Wandspiegel und <strong>die</strong> suffitelamp (von frz. soffit = sims). schließlich<br />

seien noch synonymreihen erwähnt, wie <strong>die</strong> in Heddernheim<br />

so wichtigen, zahlreichen Möglichkeiten zu „schimpfen“ (schelle,<br />

schenne, runner buzze, trak<strong>die</strong>rn, knottern oder zackern) und – als<br />

nicht wegzudenkendes element der Fastnacht – <strong>die</strong> vielen Bezeichnungen<br />

für „Bonbons“ als Guts, Glunscher, knolle, Zuckersche – um<br />

nur einige zu nennen.<br />

schon <strong>die</strong>se kleine auswahl aus meinen Befunden – und ich<br />

sammele aktiv und anhaltend weiter! – und ihrer jeweiligen historischen<br />

einordnung mag erklären, warum im fernen kanada nicht<br />

etwa pauschal Frankfurt als Herkunftsort der touristen angegeben<br />

werden konnte, sondern genau und zutreffend: Heddernheim!

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