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Ausgabe 210

Das unparteiische, unabhängige Magazin für ÖsterreicherInnen in aller Welt mit dem Schwerpunkt „Österreich, Europa und die Welt“ erscheint vier Mal im Jahr.

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ÖSTERREICH JOURNAL NR. <strong>210</strong> / 18. 04. 2024<br />

Österreich, Europa und die Welt<br />

33<br />

Zehn-Punkte-Plan für<br />

den EU-Binnenmarkt<br />

Seit mehr als 30 Jahren ist der EU-<br />

Binnenmarkt eine der größten Errungenschaften<br />

der Europäischen Union. Er hat<br />

dafür gesorgt, daß Wohlstand, freier Handel<br />

zwischen den Unternehmen und Wachstum<br />

stattfinden konnten, angekurbelt wurden und<br />

daß auch die Innovation gefördert und ge -<br />

stärkt wurde. Und jetzt gilt es, diesen Bin -<br />

nenmarkt tatsächlich auszubauen“, hielt Eu -<br />

ropaministerin Karoline Edtstadler bei einer<br />

Pressekonferenz anläßlich 30 Jahre EU-<br />

Binnenmarkt fest, die sie am 6. März ge -<br />

meinsam mit Arbeits- und Wirtschaftsminister<br />

Martin Kocher abhielt. Gerade für Österreich<br />

als Exportland sei der Binnenmarkt von<br />

enormem Wert: Etwa 70 Prozent des Außenhandels<br />

werde innerhalb der EU abgewikkelt,<br />

die Exporte in die anderen EU-Mitgliedsstaaten<br />

hätten sich seit dem EU-Beitritt<br />

Österreichs mehr als verdreifacht – auf 112<br />

Milliarden Euro im Jahr. Rund 63.100 österreichische<br />

Unternehmen, vor allem Kleinund<br />

Mittelbetriebe, würden ihre Waren ex -<br />

portieren, fast jeder zweite Arbeitsplatz wer -<br />

de dadurch gesichert.<br />

Neue Rahmenbedingungen<br />

im Binnenmarkt notwendig<br />

Besuche in Saudi-Arabien und Indien,<br />

„echte Zukunftsmärkte“, hätten gezeigt, daß<br />

sich die Rahmenbedingungen ändern. Während<br />

früher europäische Unternehmen unangefochten<br />

an der Weltspitze gewesen seien,<br />

stünden sie nun unter Wettbewerbsdruck<br />

durch Konkurrenten aus Asien, Südamerika,<br />

den USA und dem Nahen Osten. „Diese globalen<br />

Dynamiken erfordern, daß wir handeln.<br />

Es braucht neue Rahmenbedingungen<br />

im Binnenmarkt, denn wir fallen im Wettbewerb<br />

mit anderen großen Wirtschaftsmächten<br />

immer stärker zurück“, betonte Edtstadler.<br />

Es sei daher dringend notwendig, gerade<br />

auch für die kommende EU-Kommission, in<br />

die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen<br />

Wirtschaftsstandortes zu investieren: „Wir<br />

brauchen hier einen klaren Plan: Wir müssen<br />

den Binnenmarkt und somit die umfangreichen<br />

Binnenmarkt-Regeln neu denken. Der<br />

Binnenmarkt der Zukunft muß ein Booster<br />

für unsere Unternehmen darstellen“, so die<br />

Europaministerin.<br />

Konkret nannte sie den Beihilfenrahmen,<br />

die Sicherheit und Leistbarkeit der Energieversorgung,<br />

die Verfügbarkeit strategisch<br />

wichtiger und kritischer Rohstoffe, den technologischen<br />

Wandel, aber auch Ausbildungs -<br />

konzepte. Die Bundesregierung habe zehn<br />

Foto: BKA/Florian Schrötter<br />

Europaministerin Karoline Edtstadler und Wirtschafts-<br />

und Arbeitsminister Martin Kocher<br />

Punkte identifiziert, auf die sich die Europäische<br />

Union bei der künftigen Ausrichtung<br />

des EU-Binnenmarktes konzentrieren sollte.<br />

„Denn das Ziel ist: Europa soll Weltmeister<br />

der Wertschöpfung werden und nicht Champion<br />

der Bürokratie und Regulierung“, hielt<br />

Edtstadler fest.<br />

Abschließend betonte die Europaministerin:<br />

„Europas Gewicht in der Welt hängt<br />

ganz wesentlich von der Stärke unseres Bin -<br />

nenmarkts ab. Das war immer eines unserer<br />

größten Assets und darauf müssen wir auch<br />

in Zukunft achten. Daher sind wir alle gefordert,<br />

alles zu tun, um den Standort Österreich<br />

und Europa und damit langfristig unseren<br />

Wohlstand und den der nachfolgenden<br />

Generationen zu sichern. Wirtschaftstreibende,<br />

Landwirte und Unternehmer fühlen sich<br />

aber von der EU im Stich gelassen. Wir müssen<br />

daher dringend handeln. Im Juni wählen<br />

wir ein neues Europäisches Parlament. Für<br />

mich ist glasklar, daß die neue Kommission<br />

die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit zu<br />

ihrer obersten Priorität machen muß.“<br />

Der Zehn-Punkte-Plan<br />

m Reduktion von administrativen Belastungen<br />

(zum Beispiel bei Berichtspflichten<br />

für Unternehmen)<br />

m Stärkung der Durchsetzung der Binnenmarktregeln<br />

sowie effizientere und zu -<br />

kunftsorientiertere Gestaltung des Rechts -<br />

rahmens (zum Beispiel durch Vereinfachung<br />

im Dienstleistungsbinnenmarkt<br />

durch Digitalisierungsmaßnahmen oder<br />

den Aufbau einer funktionierenden Kapitalmarktunion)<br />

m Kompetitiveren EU-Beihilfenrahmen als<br />

Innovationsmotor für den Binnenmarkt<br />

vorantreiben (zum Beispiel durch Anpassung<br />

der beihilferechtlichen EU-Grundlagen,<br />

Bevorzugung von EU-Produkten bei<br />

strategisch wichtigen Gütern bei der öf -<br />

fentlichen Beschaffung; wettbewerbsverzerrenden<br />

Maßnahmen durch Drittstaaten<br />

durch Arbeit an globalen Regeln entge -<br />

genwirken)<br />

m Energieversorgungssicherheit: Kompe -<br />

titive Energiepreise als globaler Wettbewerbsfaktor<br />

(etwa Beseitigung ungerechtfertigter<br />

Hürden und unfairer Praktiken<br />

im Binnenmarkt, Fokus auf erneuerbare<br />

Energien)<br />

m Nachhaltige und Netto-Null-Transformation<br />

im Binnenmarkt (zum Beispiel durch<br />

Fokus auf kurze Genehmigungsverfahren<br />

und rasche Umsetzung von Erneuerbaren-<br />

Projekten oder die Sicherstellung der Verfügbarkeit<br />

von und des Zugangs zu kritischen<br />

Rohstoffen durch Mix aus erhöhten<br />

Recyclingquoten)<br />

m Carbon Management als industriepolitische<br />

Bedingung im Binnenmarkt (etwa<br />

Bepreisung von CO 2 in einem global<br />

kom petitiven Rahmen halten)<br />

m Preparedness im Binnenmarkt – Wertschöpfungsketten<br />

und strategische Strukturen<br />

(etwa durch Förderung der europäischen<br />

Industrieproduktion, Beschränkung<br />

der Eingriffe in den freien Markt<br />

auf ein Minimum und Fokus auf Sicherung<br />

der Versorgung und der Lieferketten<br />

mit wichtigen Rohstoffen und Vorprodukten)<br />

m Der Mensch im Binnenmarkt – Skills,<br />

Fachkräfte, Berufsausbildung (Maßnahmen<br />

zur Überwindung des Arbeitskräftemangels<br />

etwa durch attraktivieren Europas<br />

für internationale Talente; Bescheinigung<br />

und einheitliche Bewertung von<br />

Qualifikationen)<br />

m Externe Dimension des Binnenmarktes –<br />

wirtschaftliche Sicherheit und technologische<br />

Souveränität Europas (Sicherheit<br />

zum Beispiel im Bereich der Exportkontrolle<br />

und Investitionskontrolle; Souveränität<br />

unter anderem durch Intensivierung<br />

der Forschungs- und Innovationsaktivitäten<br />

mit Fokus auf die Schlüsseltechnologien)<br />

m Rechtsstaatlichkeit in der wirtschaftli -<br />

chen Dimension (zum Beispiel durch<br />

Aufnahme eines eigenen Wirtschaftskapitels<br />

in den Rechtsstaatlichkeitsbericht der<br />

Europäischen Kommission; durch Ausbau<br />

der Kapazitäten der Judikative und<br />

außergerichtlicher Streitbeilegungsmechanismen,<br />

um Rechtssicherheit zu ge -<br />

währleisten).<br />

n<br />

»Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at

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