Wenn Kinder im Unterricht nicht mehr partizipieren… - BSCW
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<strong>Wenn</strong> <strong>Kinder</strong> <strong>im</strong> <strong>Unterricht</strong> <strong>nicht</strong> <strong>mehr</strong> partizipieren – Literaturrecherche Masterarbeit, HFH Zürich, 2011<br />
� Hier geht es um den Glauben an Verbindlichkeiten gesellschaftlicher Regeln. Ricking,<br />
Schulze, Wittrock (2009, S.127) sprechen hier auch von der „Internalisierung konformer<br />
Werthaltungen“.<br />
Gemäss Hirschi (ebd.) stehen diese vier Elemente in Abhängigkeit zueinander. Ist eine Bindung<br />
geschwächt, hat dies auch Auswirkungen auf eine andere Bindung. Je schwächer diese<br />
Bindungselemente bei einem Menschen sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass<br />
abweichendes Verhalten vorkommen kann. Zwar kann man diese vier Elemente <strong>nicht</strong> ganz klar<br />
voneinander unterscheiden, dennoch ist die Theorie von Hirschi (ebd.) eine sehr klassische Theorie<br />
für delinquentes oder auch abweichendes Verhalten.<br />
� Anomietheorie<br />
Die Anomietheorie wurde <strong>im</strong> 19 Jahrhundert von Durkhe<strong>im</strong> in die Soziologie eingeführt. Die<br />
Anomietheorie beschreibt Ziele, die die Menschen in einer Gesellschaft erreichen wollen und auch<br />
sollen. Es geht hier um Ziele wie Wohlstand, Kapital, Besitz und soziales Ansehen. Gemäss Mertons<br />
(1968, zitiert nach Ricking, Schulze, Wittrock, 2009, S.128) macht die Gesellschaft es zwar möglich<br />
durch „legit<strong>im</strong>e Mittel“, wie zum Beispiel Schulabschlüsse, diese Ziele zu erreichen, dennoch sagt er,<br />
dass innerhalb der Schicht der Zugang zu diesen „legit<strong>im</strong>en Mitteln“ reguliert wird. Die<br />
Schlussfolgerung ist, dass Menschen, die nach den oben genannten Zielen, zwar streben aber <strong>nicht</strong><br />
die „legit<strong>im</strong>en Mittel“ dafür haben oder der Zugang zu diesen legit<strong>im</strong>en Mitteln <strong>nicht</strong> möglich ist, sie<br />
abweichendes Verhalten zeigen, um auf andere Art und Weise diese Ziele zu erreichen. Die<br />
Menschen neigen zu Ansprüchen, die <strong>nicht</strong> erfüllt werden können. Oftmals hat es kr<strong>im</strong>inelles<br />
Verhalten zur Folge. Durch diese Orientierungslosigkeit und die grosse Frustration der Nicht-Erfüllung<br />
ihrer Bedürfnisse suchen sich diese Menschen Wege ausserhalb von Familie und Schule, um die<br />
Ziele, wie soziale Anerkennung und Wohlstand, anders zu erreichen.<br />
Wird diese Theorie nun auf Schulverweigerung übertragen kann man davon ausgehen, dass die<br />
Schüler auch nach Wohlstand und Anerkennung streben, aber es Ihnen mit legit<strong>im</strong>en Mitteln, wie gute<br />
Schulleistungen, <strong>nicht</strong> möglich ist. Deshalb suchen die Schüler nach sozialem Ansehen und<br />
Anerkennung ausserhalb der Schule. Sie treffen sich mit Gleichaltrigen oder gehen anderen<br />
Aktivitäten nach, wo sie Erfolgserlebnisse und somit Lob und Bestätigung bekommen. Diese<br />
ausserschulischen Bestrebungen erhöhen die Möglichkeit, dass die Schüler den <strong>Unterricht</strong><br />
verweigern. Dies ist empirisch gestützt, da zum Beispiel Klassenwiederholung, die Art des Schultyps<br />
und auch der Notendruchschnitt eng mit der Schulverweigerung zusammenhängen. Zum Beispiel ist<br />
der Hauptschulabschluss und damit das erreichte Bildungszertifikat heutzutage so gut wie kein<br />
legit<strong>im</strong>es Mittel <strong>mehr</strong>, um Wohlstand und soziale Anerkennung zu erreichen.<br />
� Theorie städtischer Subkulturen<br />
Eine weitere interessante und spannende Ansicht ist die Theorie städtischer Subkulturen, welche auf<br />
die Arbeiten der Chicagoer Schule von 1920 zurück geführt wird. Es geht hier um Wohnviertel, in<br />
denen desorganisierte Gebiete überwiegen. Desorganisiert heisst, dass die Rate von Kr<strong>im</strong>inalität<br />
verglichen zu anderen Wohnvierteln sehr hoch ist, und dass unkonventionelle Normen dominieren. In<br />
solchen Wohnvierteln/ Gebieten finden die <strong>Kinder</strong> häufiger Kontakt zu Milieus, in denen abweichendes<br />
Corina Gande & Christa Schutzbach<br />
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