GESELLSCHAFTSVERTRAG
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D<br />
ZWEITES BUCH<br />
ERSTES KAPITEL<br />
DIE STAATSGEWALT IST UNÜBERTRAGBAR<br />
ie erste und wichtigste Folge der entwickelten Grundsätze ist, daß nur<br />
der Gemeinwille die Kräfte des Staates den Zwecken seiner Errichtung,<br />
d. h. dem Gemeinwohl entsprechend, leiten kann. Denn wenn der Gegensatz<br />
der Einzelinteressen zur Errichtung organisierter Gesellschaften genötigt hat,<br />
so war die Errichtung nur möglich bei Übereinstimmung dieser Interessen.<br />
Das Gemeinsame in den verschiedenen Interessen bildet das gesellschaftliche<br />
Band; und wenn nicht alle Interessen wenigstens in einem Punkt übereinstimmen,<br />
kann keine Gesellschaft existieren. Also muß die Gesellschaft einzig und<br />
allein mit Rücksicht auf die gemeinsamen Interessen geleitet werden.<br />
Ich behaupte also: daß die Staatsgewalt, da sie nur in der Ausübung des<br />
Gemeinwillens besteht 1 , niemals übertragen und daß ihr Träger, der nur ein<br />
Kollektivwesen ist, nur durch sich selbst dargestellt werden kann; die Regierung<br />
kann wohl übertragen werden, aber nicht der Wille.<br />
Denn wenn es nicht unmöglich ist, daß ein Einzelwille in irgendeinem<br />
Punkt mit dem Gemeinwillen übereinstimmt, so ist es wenigstens unmöglich,<br />
daß eine solche Übereinstimmung von Dauer und Bestand ist, denn der Sonderwille<br />
strebt von Natur nach Bevorzugung, der Gemeinwille nach Gleichheit.<br />
Noch unmöglicher wäre eine Bürgschaft für die Übereinstimmung, selbst<br />
wenn sie dauernd sein sollte; der Bestand wäre ein Werk des Zufalls, nicht<br />
der Geschicklichkeit. Der Träger der Staatsgewalt kann wohl sagen: Ich will<br />
jetzt das, was jener Mann da will oder wenigstens zu wollen behauptet; aber<br />
er kann nicht sagen: was dieser Mann morgen will, werde ich auch wollen.<br />
Denn es ist sinnlos, wenn der Wille sich für die Zukunft bindet, und kein Wille<br />
kann etwas billigen, was dem wollenden Wesen entgegen ist 2 . Wenn also das<br />
Volk einfach zu gehorchen verspricht, löst es sich durch diese Handlung<br />
selbst auf, es verliert seine Eigenschaft als Volk. Mit dem Augenblick, wo es<br />
einen Herrn gibt, gibt es keinen Träger der Staatsgewalt mehr, und der<br />
Staatsorganismus ist damit zerstört.<br />
Hiermit soll nicht gesagt werden, daß die Befehle des Oberhaupts nicht<br />
als Ausdruck des Gemeinwillens gelten können, solange der Träger der<br />
Staatsgewalt von seinem Widerspruchsrecht keinen Gebrauch macht. In solchem<br />
Falle muß man aus dem allgemeinen Schweigen auf die Zustimmung<br />
des Volkes schließen. Das wird weiter unten noch eingehender erörtert werden.<br />
1 Das sind heute die hoheitlichen Rechte des Staates<br />
2 Das ist klar und deutlich definiert. Die Abgabe von Hoheitsrechten an die EU, die der Bundestag,<br />
ohne sich der Konsequenzen bewußt zu sein, beschlossen hatte, ist deshalb in dieser<br />
Form ungesetzlich. Das Bundesverfassungsgericht hat daher angeordnet, daß er in<br />
jedem Einzelfall zu befragen ist. Weitere Klagen zum Bruch des Maastrich-Vertrages und<br />
zum Euro-Rettungsschirm sind anhängig.<br />
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