14.03.2013 Aufrufe

GESELLSCHAFTSVERTRAG

GESELLSCHAFTSVERTRAG

GESELLSCHAFTSVERTRAG

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Staatsgewalt gibt, einen rechtmäßigen und einen tatsächlichen: mit diesem<br />

Augenblick löst sich der Staatskörper auf.<br />

Damit aber der Regierungskörper wirkliches Dasein und Leben erhält,<br />

das ihn vom Staatskörper unterscheidet, und damit alle seine Glieder zusammenwirken<br />

und seinem Zweck entsprechen können, braucht er ein besonderes<br />

Ich, ein allen seinen Gliedern gemeinsames Bewußtsein, eine ihm eigentümliche<br />

Kraft und Willensrichtung, die seine Selbsterhaltung bezweckt.<br />

Dieses besondere Dasein verlangt Zusammenkünfte, Beratungen, die Fähigkeit<br />

zu bedenken und zu beschließen, Rechte, Titel und Vorrechte, die dem<br />

Fürsten allein zustehen und die Stellung der Obrigkeit um so ehrenvoller machen,<br />

je mühevoller sie ist. Die Schwierigkeit besteht darin, dieses untergeordnete<br />

Ganze so in das Ganze des Staates einzuordnen, daß es nicht seine eigene<br />

Verfassung stärkt und dadurch die Staatsverfassung verändert. Es muß<br />

stets die zu seiner Selbsterhaltung dienende besondere Gewalt von der Gemeingewalt<br />

unterscheiden, die zur Erhaltung des Staates bestimmt ist. Mit einem<br />

Wort, es muß immer bereit sein, die Regierung dem Volk aufzuopfernWille<br />

und nicht das Volk der Regierung.<br />

Obgleich übrigens der künstliche Körper der Regierung das Werk eines<br />

künstlichen Körpers ist und gewissermaßen nur ein geborgtes und untergeordnetes<br />

Leben besitzt, kann er doch mit größerer oder geringerer Kraft und<br />

Schnelligkeit handeln und sich sozusagen einer stärkeren oder schwächeren<br />

Gesundheit erfreuen. Schließlich kann er auch, ohne sich geradezu von dem<br />

Zweck seiner Einsetzung zu entfernen, mehr oder weniger von ihr abweichen,<br />

je nach der Natur seiner Verfassung.<br />

Aus allen diesen Verschiedenheiten erklärt sich die Verschiedenheit der<br />

Beziehungen, die zwischen der Regierung und dem Staatskörper bestehen<br />

müssen; sie richten sich nach den zufälligen und besonderen Verhältnissen,<br />

durch die der Staat immer neu gestaltet wird. Denn oft wird die an sich beste<br />

Regierung zur fehlerhaftesten, wenn ihre Beziehungen nicht mit Rücksicht<br />

auf die Mängel ihres Staatskörpers abgeändert werden.<br />

ZWEITES KAPITEL<br />

DIE GRUNDLAGE DER VERSCHIEDENEN<br />

REGIERUNGSFORMEN<br />

m die allgemeinen Ursachen dieser Verschiedenheiten auseinanderzu-<br />

U setzen, muß ich hier das Prinzip von der Regierung unterscheiden, wie<br />

ich es vorher mit dem Staat und dem Träger der Staatsgewalt gemacht habe.<br />

Der Obrigkeitskörper kann aus größerer oder geringerer Anzahl von<br />

Gliedern bestehen. Ich sagte, das Verhältnis des Trägers der Staatsgewalt zu<br />

den Untertanen sei um so größer, je zahlreicher das Volk ist. Es ist klar, daß<br />

wir diesen Satz auch auf das Verhältnis zwischen Regierung und den regierenden<br />

Personen anwenden können.<br />

Nun besteht aber die gesamte Kraft der Regierung in der Kraft des<br />

Staates und verändert sich nicht. Daraus folgt, je mehr sie von dieser Kraft<br />

auf ihre eigenen Mitglieder verwenden muß, desto weniger bleibt ihr, um auf<br />

das Volk zu wirken.<br />

41

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!