GESELLSCHAFTSVERTRAG
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ge. Im Römischen Reich gab es gleichzeitig bis zu acht Kaiser, ohne daß man<br />
sagen konnte, das Reich sei geteilt. So gibt es einen Punkt für jede Regierungsform,<br />
wo sie in die andere übergeht, und man sieht, daß unter drei Benennungen<br />
die Regierung tatsächlich so viele Formen annehmen kann, wie<br />
der Staat Bürger zählt.<br />
Da dieselbe Regierung in gewissen Fällen noch in Unterteile zerlegt<br />
werden kann, von denen jeder auf verschiedene Weise gestaltet werden kann,<br />
so ergibt sich aus der Vereinigung der drei Formen eine Menge Mischformen;<br />
jede kann wieder mit allen einfachen Formen vereinigt werden.<br />
Man hat zu allen Zeiten viel über die beste Regierungsform gestritten,<br />
ohne zu bedenken, daß jede in bestimmten Fällen die beste ist und in andern<br />
die schlechteste.<br />
Wenn in den verschiedenen Staaten die Zahl der obersten Regierungsmitglieder<br />
im umgekehrten Verhältnis zur Zahl der Staatsbürger stehen soll,<br />
so folgt daraus, daß die Demokratie sich am besten für die kleinen Staaten<br />
eignet, die Aristokratie für die mittleren und die Monarchie für die großen.<br />
Diese Regel läßt sich unmittelbar aus dem aufgestellten Prinzip ableiten. Aber<br />
unzählbare Umstände können Ausnahmen veranlassen.<br />
W<br />
VIERTES KAPITEL<br />
DIE DEMOKRATIE<br />
er das Gesetz gibt, weiß besser als jeder andere, wie es ausgelegt und<br />
ausgeführt werden muß. Die beste Verfassung scheint demnach die zu<br />
sein, in der die ausübende Gewalt mit der gesetzgebenden Gewalt verbunden<br />
ist. Gerade dieses Verhältnis macht aber die demokratische Regierungsform<br />
in manchen Punkten unzureichend, weil hier Dinge verquickt sind, die auseinanderzuhalten<br />
sind, und weil hier Fürst und Träger der Staatsgewalt, da sie<br />
ein und dieselbe Person sind, sozusagen nur eine Regierung ohne Regierung<br />
bilden.<br />
Es ist nicht gut, daß der die Gesetze ausführt, der sie gibt, auch nicht,<br />
daß der Volkskörper seine Aufmerksamkeit von den allgemeinen Zielen ab-<br />
und besonderen Zielen zuwendet. Nichts ist gefährlicher als der Einfluß von<br />
Sonderinteressen auf die öffentlichen Angelegenheiten, und der Mißbrauch<br />
der Gesetze durch die Regierung ist ein kleineres Übel als die Verdorbenheit<br />
des Gesetzgebers, der seinen Sonderinteressen nachgibt. Da der Staat dann<br />
an seinem innersten Wesen Schaden nimmt, wird jede Verbesserung unmöglich.<br />
Ein Volk, das niemals mit der Regierungsgewalt Mißbrauch treibt, mißbraucht<br />
auch seine Unabhängigkeit nicht; ein Volk, das immer gut regiert,<br />
braucht nicht regiert zu werden.<br />
Streng genommen hat es nie eine wahre Demokratie gegeben und wird<br />
es auch nie geben. Es ist gegen die natürliche Ordnung, wenn die große Masse<br />
regiert und die Minderheit regiert wird. Man kann sich nicht vorstellen,<br />
daß das Volk dauernd versammelt bleibt, um sich den öffentlichen Angelegenheiten<br />
zu widmen, und es ist leicht einzusehen, daß es hierzu keine Ausschüsse<br />
einsetzen kann, ohne die Regierungsform zu ändern.<br />
Ich glaube den Grundsatz mit vollem Recht aufstellen zu können, daß,<br />
wenn die einzelnen Geschäfte der Regierung auf verschiedene Organe verteilt<br />
werden, die Organe mit der kleinsten Mitgliederzahl früher oder später den<br />
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