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GESELLSCHAFTSVERTRAG

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VIERTES KAPITEL<br />

DIE RÖMISCHEN VOLKSVERSAMMLUNGEN<br />

ir haben keine sicheren Urkunden über die ersten Zeiten Roms. Es besteht<br />

sogar eine große Wahrscheinlichkeit dafür, daß das meiste, was<br />

man erzählt, Sage ist 1 . Gewöhnlich fehlt gerade der lehrreichste Teil aus der<br />

Chronik der Völker, nämlich die Geschichte ihrer Staatsbildung. Die Erfahrung<br />

läßt uns die Ursachen für den Zerfall der Reiche erkennen; aber da sich<br />

keine neue Nation mehr bildet, können wir ihre Entstehung nur mutmaßlich<br />

erklären.<br />

Die bestehenden Gebräuche bezeugen wenigstens, daß sie einen Ursprung<br />

haben. Von den Überlieferungen, die auf diesen Ursprung zurückgehen,<br />

müssen die als die sichersten gelten, welche von den bedeutendsten<br />

Zeugnissen und den stärksten Gründen bestätigt werden. Diesen Grundsätzen<br />

bin ich gefolgt, um zu untersuchen, wie das freieste und mächtigste Volk der<br />

Erde seine höchste Gewalt ausübte.<br />

Nach der Gründung Roms wurde die entstehende Republik, d. h. die aus<br />

Albanern, Sabinern und Fremden zusammengesetzte Armee des Gründers, in<br />

drei Klassen eingeteilt, die seit dieser Einteilung den Namen Tribus (Stämme)<br />

führten. Jede dieser Tribus war in 10 Kurien eingeteilt, und jede Kurie wieder<br />

in Dekurien, an deren Spitze man ein Oberhaupt stellte, das den Namen Kurion<br />

und Dekurion führte.<br />

Außerdem hob man aus jeder Tribus eine Mannschaft von 100 Reitern<br />

oder Rittern aus, die eine Zenturie bildeten. Daraus sieht man, daß diese für<br />

einen Flecken überflüssigen Einteilungen zunächst rein militärischer Natur<br />

waren. Aber offenbar bewog ein Trieb zur Größe die kleine Stadt Rom dazu,<br />

sich im voraus eine Ordnung zu geben, die der Hauptstadt der Welt zukam.<br />

Diese erste Teilung ergab bald einen Nachteil; die Tribus der Albaner<br />

und die der Sabiner behielten immer denselben Bestand, während die Zahl<br />

der Fremden durch den unaufhörlichen Zustrom anwuchs und bald die beiden<br />

andern überflügelte. Servius [Tullius, s. o.] versuchte diesem gefährlichen<br />

Nachteil durch eine Änderung der Einteilung abzuhelfen; er schaffte die Teilung<br />

nach Rassen 2 ab und ersetzte sie durch eine nach dem von jeder Tribus<br />

bewohnten Stadtviertel. Anstatt der drei Tribus bildete er vier, jede bewohnte<br />

einen der Hügel Roms und wurde nach ihm benannt. So schaffte er die bestehende<br />

Ungleichheit ab und beugte einer künftigen vor; damit diese Einteilung<br />

nicht bloß örtliche, sondern auch persönliche Geltung hatte, verbot er den Bewohnern<br />

eines Viertels, in ein anderes zu übersiedeln, was die Vermischung<br />

der Rassen verhinderte 3 .<br />

Er verdoppelte auch die drei alten Reiterzenturien und fügte zwölf neue<br />

unter den alten Bezeichnungen hinzu; ein einfaches und sinnreiches Mittel,<br />

durch das er den Stand der Ritter von dem des Volkes trennte, ohne Mißstimmung<br />

zu erregen 4 .<br />

1 Der Name Rom, der von Romulus herstammen soll, ist griechisch und bedeutet Kraft; der<br />

Name Numa ist auch griechisch und bedeutet Gesetz. Es ist doch nicht wahrscheinlich,<br />

daß die ersten Könige dieser Stadt einen für ihre spätere Regierung so bezeichnenden Namen<br />

geführt haben. [JJR]<br />

2 Ein Antirassist in grauer Vorzeit, alles Gute hat eben tiefe Wurzeln<br />

3 Also doch ein Rassist, habs gleich vermutet<br />

4 s. a. die Skizze im Anhang S. 91<br />

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