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GESELLSCHAFTSVERTRAG

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seine wichtige Warnung den Völkern. Machiavellis "Fürst“ ist das Buch der<br />

Republikaner 1 .<br />

Aus den allgemeinen Verhältnissen haben wir erkannt, daß die Monarchie<br />

sich nur für große Staaten eignet; wir werden dasselbe finden, wenn wir<br />

diese Regierungsform an sich untersuchen. Je mehr Personen an den Regierungsgeschäften<br />

beteiligt sind, desto geringer wird der Abstand zwischen<br />

Fürst und Untertanen, um sich allmählich der Gleichheit zu nähern, so daß in<br />

einer Demokratie das Verhältnis eins ist, d. h. die Gleichheit selbst. Der Abstand<br />

vergrößert sich dagegen im Verhältnis der Verringerung der Regierungsmitglieder<br />

und erreicht seinen höchsten Grad, wenn die Regierung in<br />

der Hand eines einzigen ist. Dann ist der Abstand zwischen Fürst und Volk zu<br />

groß, und dem Staat fehlt die Bindung. Um sie herzustellen, sind Mittelglieder<br />

einzufügen, d. h. Fürsten, Große, Adlige. Nichts von allem eignet sich für<br />

einen kleinen Staat, den alle diese Rangstufen zugrunde richten würden.<br />

Aber wenn es schon schwer ist, einen großen Staat gut zu regieren, so<br />

wird es einem einzigen Menschen noch schwerer werden. Und jeder weiß,<br />

was geschieht, wenn ein König sich Gehilfen nimmt.<br />

Die monarchische Regierungsform hat einen wesentlichen und unvermeidlichen<br />

Nachteil, der sie immer unter die republikanische stellen wird. In<br />

dieser bringt die öffentliche Meinung fast immer die klügsten und fähigsten<br />

Männer in die obersten Ämter, denen sie immer Ehre machen. In der Monarchie<br />

machen nur unbedeutende Hetzer, Schurken und Intriganten ihr Glück;<br />

ihre kleinen Talente, die ihnen den Weg zu den höchsten Stellen am Hofe bahnen,<br />

reichen gerade aus, um dem Publikum ihre Dummheit zu offenbaren, sobald<br />

sie es zu etwas gebracht haben. Das Volk irrt sich in der Wahl weit weniger<br />

als der Fürst, und einen wirklich verdienstvollen Mann sieht man ebenso<br />

selten im Kabinett des Monarchen wie einen Dummkopf an der Spitze einer<br />

republikanischen Regierung. Wenn durch einen glücklichen Zufall ein zum<br />

Regieren geborener Mann in einer Monarchie das Ruder ergreift, die durch<br />

eine Menge sauberer Staatslenker bis an den Abgrund gebracht ist, staunt<br />

man über die Hilfsmittel, die er findet, und seine Regierung wird in dem Lande<br />

berühmt.<br />

Damit ein monarchischer Staat gut regiert wird, müßte seine Bedeutung<br />

und Ausdehnung den Fähigkeiten des Regierenden angepaßt sein. Erobern ist<br />

leichter als Herrschen. Mit Hilfe eines geeigneten Hebels läßt sich die Welt<br />

mit einem Finger erschüttern; aber um sie zu tragen, muß man die Schultern<br />

des Herkules haben. Für einen leidlich großen Staat ist der Fürst fast immer<br />

zu klein. Liegt dagegen der sehr seltene Fall vor, daß der Staat für sein Oberhaupt<br />

zu klein ist, so wird er auch schlecht regiert. Denn das Oberhaupt verfolgt<br />

immer großartige Pläne, vergißt die Interessen des Volkes und macht es<br />

durch den Mißbrauch seiner übermäßigen Talente nicht weniger unglücklich<br />

als ein beschränktes Oberhaupt durch seinen Mangel an Fähigkeiten. Eine<br />

Monarchie müßte sich eigentlich bei jeder neuen Regierung nach der Bega-<br />

2 Machiavelli - Nicolo Machiavelli, ital. Philosoph und Geschichtsschreiber. In seinem<br />

staatsphilosophischen Hauptwerk "Der Fürst" prägte er das Bild eines rücksichtslos seine<br />

Ziele verfolgenden Herrschers "Machiavellismus", + 1527<br />

1 Machiavelli war ein ehrlicher Mann und ein guter Staatsbürger, aber er stand im Dienste<br />

des Hauses Medici. Das zwang ihn, bei der Unterdrückung seines Vaterlandes seine Freiheitsliebe<br />

zu verbergen. Schon die Wahl eines Scheusals als Helden läßt deutlich seine geheime<br />

Absicht erkennen. Sein Buch vom "Fürsten“ widerspricht grundsätzlich seiner<br />

"Abhandlung über Titus Livius" und seiner "Florentinischen Geschichte". Damit wird bewiesen,<br />

daß dieser tiefe Politiker bisher nur oberflächliche oder verdorbene Leser gefunden<br />

hat. Der römische Hof hat sein Buch streng verboten. Das glaube ich gern: er ist<br />

besonders deutlich darin abgezeichnet. [JJR]<br />

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