GESELLSCHAFTSVERTRAG
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SIEBZEHNTES KAPITEL<br />
EINSETZUNG DER REGIERUNG<br />
nter welchen Begriff fällt also der Akt, durch den eine Regierung eingesetzt<br />
wird? Ich will vorausschicken, daß es sich um einen zusammengesetzten<br />
Akt handelt; er besteht aus der Einsetzung des Gesetzes und der Aus-<br />
führung des Gesetzes.<br />
Im ersten Akt beschließt der Träger der Staatsgewalt, daß ein Regierungskörper<br />
in bestimmter Form errichtet werden soll; dieser Akt ist zweifellos<br />
ein Gesetz.<br />
Im zweiten Akt ernennt das Volk die Oberhäupter, die mit der eingerichteten<br />
Regierung betraut werden. Diese Ernennung ist ein besonderer Akt,<br />
kein zweites Gesetz, sondern, einfach eine Folge des ersten und eine Tätigkeit<br />
der Regierung.<br />
Die Schwierigkeit besteht darin, einzusehen, wie es einen Regierungsakt<br />
geben kann, bevor die Regierung vorhanden ist, und wie das Volk, das nur<br />
Träger der Staatsgewalt ist, unter gewissen Umständen Fürst oder Regierung<br />
werden kann.<br />
Hier enthüllt sich wieder eine der wunderbaren Eigenheiten des Staatskörpers,<br />
die ihn befähigt, scheinbar einander widersprechende Verrichtungen<br />
in Übereinstimmung zu setzen. Sie zeigt sich darin, daß sich die Staatsgewalt<br />
plötzlich in eine Demokratie umwandelt, so daß die Staatsbürger ohne merkliche<br />
Veränderung und nur durch eine neue gegenseitige Beziehung Mitglieder<br />
der Regierung werden, von einer allgemeinen Handlung zu einer besonderen,<br />
vom Gesetz zu seiner Ausführung übergehen.<br />
Dieser Wechsel ist keineswegs eine ausgetüftelte Spitzfindigkeit, für die<br />
man kein praktisches Beispiel geben könnte. Im englischen Parlament kommt<br />
er täglich vor; das Unterhaus setzt sich bei gewissen Gelegenheiten als<br />
großer Ausschuß ein, um die Tagesordnung gründlicher zu beraten. Aus der<br />
obersten Instanz, die es eben noch war, wird ein bloßer Ausschuß. Das Unterhaus<br />
erstattet sich auf diese Weise selber Bericht über das, was es als Ausschuß<br />
beschlossen hat, und verhandelt dann kraft seines Amtes von neuem,<br />
was es in anderer Form bereits beschlossen hat.<br />
Der charakteristische Vorteil der demokratischen Regierung besteht<br />
also darin, daß sie durch einen einfachen Akt des allgemeinen Willens tatsächlich<br />
eingesetzt werden kann. Darauf bleibt die einstweilige Regierung im<br />
Amt, wenn sie der beschlossenen Form entspricht, oder sie setzt im Namen<br />
des Trägers der Staatsgewalt die durch das Gesetz vorgeschriebene Regierung<br />
ein. Damit ist alles in Ordnung. Es ist unmöglich, die Regierung auf irgendeine<br />
andere gesetzmäßige Weise einzusetzen, ohne auf die vorher aufgestellten<br />
Grundsätze zu verzichten,<br />
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