Beitrag zur Astrospektroskopie 8.7 - UrsusMajor
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<strong>Beitrag</strong> <strong>zur</strong> Spektroskopie für Amateurastronomen 43<br />
11 Ionisierungsstufe und Ionisierungsgrad<br />
11.1 Die Lymangrenze beim Wasserstoff<br />
Im zweiten Diagramm von Kap. 10.3 beträgt die Energie für das unterste Ausgangsniveau<br />
, der Lyman- Serie, . Umgerechnet mit Formel {10} ergibt dies die bekannte<br />
Lyman-Grenze oder Lyman-Kante im UV Bereich, mit der Wellenlänge .<br />
Sie entspricht funktionell der „Balmerkante“ bei der Balmerserie (Kap. 10.4). Dieser Wert<br />
ist für die Astrophysik sehr wichtig, da er auch die erforderliche Minimalenergie definiert,<br />
um das H-Atom ab seinem Grundzustand zu ionisieren. Dies ist nämlich erst bei extrem<br />
heissen Sternen der frühen B- und der gesamten O- Klasse möglich, d.h. ab ca.<br />
25‘000K [3]. Die sehr hohe UV Strahlung solcher Sterne kann dadurch die Wasserstoffwolken<br />
der Umgebung ionisieren und durch die nachfolgende Rekombination zum Leuchten<br />
anregen (H II Regionen, z.B. M42, Orion Nebel, Kap. 22).<br />
11.2 Ionisierungsstufe und Ionisierungsgrad<br />
Die Ionisierungsstufe entspricht der Anzahl Elektronen, welche ein Atom abgegeben hat.<br />
Dieser darf nicht verwechselt werden mit dem Ionisierungsgrad in der Plasmaphysik, welcher<br />
den Anteil der Gasatome angibt, die bei einer bestimmten Temperatur durch Ionisation<br />
Elektronen abgegeben haben (Bestimmung mit der Saha Gleichung).<br />
11.3 Astrophysikalische Notationsform für die Ionisierungsstufe<br />
Leider hat die Astrophysik für ionisierte Atome nicht die chemische Notationsform übernommen,<br />
sondern verwendet eine eigene Variante, welche wohl viele Anfänger (so auch<br />
mich) zuerst mal in die Irre geführt hat! Ich habe schon hochgebildete Amateure, deren<br />
chemische Kenntnisse vielleicht etwas verblasst waren, bei Diskussionen über H II Regionen<br />
von doppelt ionisiertem Wasserstoff sprechen hören. Da Wasserstoffatome jedoch nur<br />
ein Elektron besitzen, können sie maximal auch nur einfach ionisiert sein – es wird demnach<br />
nie H III Regionen geben können.<br />
Das nicht ionisierte, neutrale Wasserstoffatom beschreiben Chemiker mit H, das ionisierte<br />
mit H + , was klar und unmissverständlich ist. Astrophysiker benennen hingegen bereits den<br />
neutralen Wasserstoff mit einer zugesetzten römischen Ziffer als H I und den ionisierten<br />
dann mit H II. Das zweifach ionisierte Kalzium wird durch Chemiker mit Ca ++ bezeichnet,<br />
für Astrophysiker entspricht dies Ca III. Si IV ist z.B. dreifach ionisiertes Silizium Si +++ . Das<br />
System funktioniert also nach dem „(n–1) Prinzip“, d.h. astrophysikalisch ist die Ionisierungsstufe<br />
eines Atoms immer um 1 niedriger als die römische Zusatzziffer. Eine hohe Ionisierungsstufe<br />
bei Atomen bedeutet für Astrophysiker zwangsläufig, dass in diesem Prozess<br />
sehr hohe Temperaturen im Spiel sein müssen.