Beitrag zur Astrospektroskopie 8.7 - UrsusMajor
Beitrag zur Astrospektroskopie 8.7 - UrsusMajor
Beitrag zur Astrospektroskopie 8.7 - UrsusMajor
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Beitrag</strong> <strong>zur</strong> Spektroskopie für Amateurastronomen 47<br />
Typ III waren orangerötliche Sterne mit komplexen Bandenspektren und wenigen diskreten<br />
Linien. Die Absorptionsbanden werden in blauer Richtung jeweils dunkler (intensiver). Solche<br />
Merkmale, zeigen z.B. Beteigeuze, Antares und Mira. Erst 1904 wurde klar, dass es<br />
sich hier vorwiegend um Absorptionsbanden des Moleküls TiO, Titanoxid handelt (heutige<br />
Klasse M).<br />
Typ IV beinhaltete seltene, rötliche Sterne mit Bandenspektren, welche in roter Richtung<br />
dunkler (intensiver) werden. Angelo Secchi erkannte bereits, dass es sich hierbei um Kohlenstoff<br />
handeln muss (siehe Kap. 5.4)!<br />
Typ V schliesslich waren Sterne mit „hellen Linien“, Emissionslinien wie wir heute wissen.<br />
13.4 Das Harvard System<br />
Bald wurde klar, dass das Klassierungssystem von Secchi zu rudimentär<br />
war. Basierend auf einer Grosszahl von Spektralaufnahmen und<br />
Vorarbeiten von Henry Draper begann Edward Pickering (1846–1919)<br />
Secchis System durch Grossbuchstaben von A – Q zu verfeinern. Der<br />
Buchstabe A entsprach dabei Secchis Typ I für Sterne mit dominanten<br />
Wasserstofflinien. Diese Klassierung sollte dann schliesslich als einzige<br />
bis in die Gegenwart überleben! Als Direktor des Harvard Observatoriums<br />
beschäftigte er viele Frauen, für die damalige Zeit eine wahrlich<br />
avantgardistische Haltung eines akademischen Betriebs.<br />
Gleich drei seiner Mitarbeiterinnen nahmen sich des Klassierungsproblems<br />
an, bis nach etlichen Irr- und Umwegen sich ca. Ende des<br />
1. Weltkrieges das System von Annie J. Cannon (1863 – 1941) durchsetzte.<br />
Dessen Grundstruktur hat sich bis heute erhalten und basiert<br />
im Kern auf der Buchstabenfolge O, B, A, F, G, K, M. Dazu der bekannte<br />
und sicherlich später entstandene Merksatz: Oh Be A Fine Girl Kiss<br />
Me. Mit diesem System können auch heute noch über 99% der Sterne<br />
klassiert werden.<br />
Diese Buchstabensequenz folgt der abnehmenden Atmosphärentemperatur<br />
der klassierten Sterne, beginnend von den sehr heissen<br />
O- Typen mit mehreren 10‘000 K bis zu den kühlen M- Typen mit ca. 2‘400 K – 3‘500 K.<br />
Dies zeugt von der absolut bahnbrechenden Erkenntnis, dass die Spektren vorwiegend von<br />
der Atmosphärentemperatur der Sterne und erst in zweiter Linie von weiteren Parametern<br />
wie chemische Zusammensetzung, Dichte, Rotationsgeschwindigkeit etc. abhängen. Das<br />
kann aus heutiger Sicht auch nicht wirklich verwundern, da die Anteile Wasserstoff mit<br />
75% und Helium mit 24% auch etwa 13.7 Mrd. Jahre nach dem Big Bang immer noch ca.<br />
99% der Elemente im Universum umfassen. Diese Systematik bildet auch die horizontale<br />
Achse des fast gleichzeitig entwickelten Hertzsprung Russel Diagramms (siehe Kap. 14).<br />
Sie wurde dann noch ergänzt durch die Klassen:<br />
– R für Cyan (CN) und Kohlenmonoxid (CO)<br />
– N für Kohlenstoff<br />
– S für sehr seltene Sterne, deren Bandenspektren anstelle von TiO mit Zirkoniumoxid<br />
(ZrO), Yttriumoxid (YO) oder Lanthanoxid (LaO) gebildet werden.<br />
Zudem wurde die gesamte Klassenunterteilung noch mit einer zusätzlichen Dezimalzahl<br />
von 0–10 verfeinert. Beispiele: Sonne G2, Pollux K0, Wega A0, Sirius A1, Prokyon F5.