www.chillingpeople.ch 1. Teil: Grundlagen - Kobi
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§ 10 Eins<strong>ch</strong>ränkungen der Freiheitsre<strong>ch</strong>te<br />
I. Allgemeines<br />
Art. 36 BV zählt Voraussetzungen auf, die kumulativ erfüllt sein müssen, damit ein<br />
Freiheitsre<strong>ch</strong>t einges<strong>ch</strong>ränkt werden darf:<br />
- gesetzli<strong>ch</strong>e Grundlage,<br />
- öffentli<strong>ch</strong>es Interesse,<br />
- Verhältnismässigkeit und<br />
- Respektierung des Kerngehalts.<br />
Völlig untaugli<strong>ch</strong> ist Art. 36 BV für die Bestimmung der Tragweite sozialer Grundre<strong>ch</strong>te.<br />
Hinweise für die Lösung juristis<strong>ch</strong>er Fälle:<br />
Bei der Prüfung der Re<strong>ch</strong>tmässigkeit einer freiheitsbes<strong>ch</strong>ränkenden Anordnung beantwortet<br />
man zweckmässigerweise na<strong>ch</strong>einander die folgenden Fragen:<br />
<strong>1.</strong> Ist die Anordnung vom zuständigen Gemeinwesen (Bund, Kanton, Gemeinde) ausgegangen<br />
2. Wel<strong>ch</strong>es Freiheitsre<strong>ch</strong>t (bzw. wel<strong>ch</strong>e Freiheitsre<strong>ch</strong>te) könnte tangiert sein? Um dies<br />
beantworten zu können, muss man die S<strong>ch</strong>utzobjekte der einzelnen Freiheitsre<strong>ch</strong>te<br />
und die Beziehungen der Freiheitsre<strong>ch</strong>te untereinander («Grundre<strong>ch</strong>tskonkurrenz»)<br />
kennen.<br />
3. Ist die Bes<strong>ch</strong>ränkung des betreffenden Freiheitsre<strong>ch</strong>ts re<strong>ch</strong>tmässig, d.h.<br />
a) Stützt sie si<strong>ch</strong> auf eine genügende gesetzli<strong>ch</strong>e Grundlage?<br />
b) Liegt sie im öffentli<strong>ch</strong>en Interesse? Beruht sie auf einem zulässigen Motiv?<br />
c) Ist sie verhältnismässig?<br />
Re<strong>ch</strong>tmässig ist die Eins<strong>ch</strong>ränkung nur, wenn diese drei Voraussetzungen kumulativ<br />
erfüllt sind.<br />
II. Gesetzli<strong>ch</strong>e Grundlage<br />
<strong>1.</strong> Erfordernis des Re<strong>ch</strong>tssatzes<br />
Die Freiheitsbes<strong>ch</strong>ränkung muss grundsätzli<strong>ch</strong> in einem Re<strong>ch</strong>tssatz, d.h. in einer generell-abstrakten<br />
Norm, vorgesehen sein. Der Re<strong>ch</strong>tssatz muss genügend bestimmt,<br />
d.h. «so präzise formuliert sein, dass der Bürger sein Verhalten dana<strong>ch</strong> ri<strong>ch</strong>ten und<br />
die Folgen eines bestimmten Verhaltens mit einem den Umständen entspre<strong>ch</strong>enden<br />
Grad an Gewissheit erkennen kann»<br />
2. Erfordernis der Gesetzesform?<br />
S<strong>ch</strong>werwiegende Eingriffe in Freiheitsre<strong>ch</strong>te sind auf der Stufe eines Gesetzes (vgl.<br />
Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BV) zu normieren, während für weniger s<strong>ch</strong>were Eingriffe eine<br />
Verordnung genügt.<br />
In allen Fällen muss die Verordnung formell und materiell verfassungsmässig sein.<br />
3. Rückgriff auf die polizeili<strong>ch</strong>e Generalklausel<br />
Der Gesetzgeber kann ni<strong>ch</strong>t alle Gefahren, wel<strong>ch</strong>e der öffentli<strong>ch</strong>en Si<strong>ch</strong>erheit und<br />
Ordnung drohen, voraussehen und deren Abwehr regeln. Die sogenannte polizeili<strong>ch</strong>e<br />
Generalklausel befugt den Staat, au<strong>ch</strong> ohne ausdrückli<strong>ch</strong>e gesetzli<strong>ch</strong>e Grundlage jene<br />
Massnahmen zu treffen, die zur Wiederherstellung der öffentli<strong>ch</strong>en Si<strong>ch</strong>erheit und<br />
Zusammenfassung Häfelin Haller 18/145<br />
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