Trible-mein_gott_war..
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wird in Verbindung mit Hagar vom Sehen gespro-<br />
Zu Beginn dieser Episode, als das Wasser in dem Schlauch<br />
sagt sie: »Laß mich nicht sehen (r'h) den Tod des<br />
(21,16b). Als Gott nun ihre Augen öffnet, sieht (r'h) sie<br />
einen Wasserquell/o füllt den Schlauch und gibt dem Knaben zu<br />
trinken. Das Leben überwindet den Tod. Aber dieses Mal wird vom<br />
»Sehen« ganz anders gesprochen als bei Hagars früherem Aufenthalt<br />
in der Wüste. Damals <strong>war</strong> sie die Theologin, die Jahwe den<br />
»Gott des Schauens« (16,1)) nannte. Dieses Mal verstummt sie, und<br />
ihr Blick ändert sich. Sie sieht nicht Gott, sondern nur die materiellen<br />
Dinge, mit denen sie ihr Kind in der Wüste des Exils ernähren<br />
kann.7' Von der Knechtschaft über die Vertreibung in die Heimatlosigkeit,<br />
so bringt die zweite Szene Hagars Geschichte nun zu ihrem<br />
Abschluß.<br />
C. Schluß, 21,20-21. Jahre vergehen, in denen Hagar Ismael dient.<br />
Zuerst würdigt der Erzähler nur das Tun Gottes:<br />
Und Gott <strong>war</strong> mit dem Knaben.<br />
Der wuchs heran und wohnte in der Wüste<br />
und wurde ein guter Schütze. (21,20 Luth)<br />
Es geht Ismael gut. Die Wüste wird ihm zur Heimat und gibt ihm<br />
Arbeit. Um das Bild abzurunden, wendet sich der Erzähler aber dann<br />
von der Fürsorge Gottes dem Handeln Hagars zu. Zum letzten Mal<br />
erscheint ihre Gestalt in der hebräischen Bibel,?2 und zum letzten<br />
Mal wird sie »Mutter« genannt. Ismael ist allerdings immer noch<br />
»der Knabe«, nicht ihr Sohn. Die Mutter fährt fort, ihm zu dienen<br />
und findet eine Frau für ihn.<br />
Er wohnte in der Wüste Paran/ 3<br />
und seine Mutter nahm ihm eine Frau<br />
aus Ägyptenland. (21,21 Luth)<br />
Die Wahl einer Ehefrau für Ismael macht die Spannung, unter der<br />
Hagars Geschichte steht, deutlich. Nachdem Gott ihr zuerst zahllose<br />
Nachkommen (16,10) verheißen hat, übertrug er jene Verheißung<br />
später auf Abraham (21,1)). Mit ihrer letzten Handlung stellt Hagar<br />
sicher, daß diese Nachkommen Ägypter sein werden.?4 Somit plant<br />
Mutter für sich eine Zukunft, die ihr von Gott genommen<br />
<strong>war</strong>. An diesem ergreifenden Punkt endet Hagars<br />
Gesctnctlte, aber die Reaktion des Lesers noch nicht.<br />
Reflexionen über Hagars Geschichte<br />
Da Hagar in einer Erzählung vorkommt, in der sie ausgestoßen<br />
wird, ist sie nur eine flüchtige, aber zugleich auch beunruhigende<br />
Gestalt in der Schrift. Ihre Geschichte aus den noch vorhandenen<br />
Bruchstücken zu rekonstruieren, ist eine prekäre Aufgabe. Nichtsdestoweniger<br />
ergeben sich daraus eine Fülle von hermeneutischen<br />
Überlegungen. In vielfacher Und verschiedener Weise trägt Hagar<br />
dazu bei, den Glauben zu gestalten, sie stellt ihn aber auch in Frage.<br />
Angesichts heutiger Probleme und Vorstellungen schildert ihre<br />
Geschichte Unterdrückung in drei bekannten Formen: Nationalität,<br />
Klasse und Geschlecht. Hagar, die Ägypterin, ist eine Magd; Sara,<br />
die Hebräerin, ist ihre Herrin. Die Konflikte zwischen diesen beiden<br />
Frauen drehen sich um drei Männer. Im Mittelpunkt steht Abraham,<br />
ihr ge<strong>mein</strong>samer Ehemann. Zu ihm gehören Ismael, Hagars<br />
Kind, und Isaak, das Kind Saras. Wegen ihres Ehemannes und seiner<br />
beiden Söhne geraten diese beiden Frauen in Konflikt miteinander.<br />
Von Anfang an ist Hagar jedoch die Unterlegene, weil Gott Sara<br />
unterstützt. Auf ihre Stellung festgelegt, ist die Sklavin das<br />
unschuldige Opfer von Gebrauchtwerden, Demütigung und Verbannung.?5<br />
Als Symbol für die Unterdrückten bedeutet Hagar vielen Menschen<br />
vieles. Insbesondere finden alle möglichen abgelehnten Frauen ihre<br />
Geschichten bei ihr wieder.?6 Sie ist die treue Magd, die ausgebeutet<br />
wird; die Sch<strong>war</strong>ze, die von dem Mann der herrschenden Klasse<br />
gebraucht und von seiner Frau gedemütigt wird;77 die Ersatzmutter,<br />
die Ausländerin ohne rechtlichen Schutz; die »andere Frau«, die<br />
weggelaufene Jugendliche; die Religiöse, die vor der Bedrückung<br />
flieht; die schwangere, alleingelassene junge Frau; die verstoßene<br />
Ehefrau; die geschiedene Mutter mit Kind; die Dame, die in ihrer<br />
Einkaufstasche Brot und Wasser trägt, die Obdachlose; die Bedürftige,<br />
die von den milden Gaben der Mächtigen abhängig ist, die<br />
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