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Trible-mein_gott_war..

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Sicherheit unter seinen eigenen Leuten vor, fand sie dort aber nicht;<br />

er zog der Gefahr auf dem offenen Platz die Sicherheit in einem<br />

Haus vor, fand sie dort aber nicht. Nichtsdestoweniger rettete er sich<br />

selbst durch einen Akt der Feigheit, durch den die Gefahr auf seine<br />

Nebenfrau abgewälzt wurde. Nun aber muß der Herr dem Opfer<br />

gegenübertreten.<br />

»Siehe, da <strong>war</strong> die Frau, seine Nebenfrau, hingefallen am Eingang<br />

des Hauses, ihre Hände auf der Schwelle.« Das hebräische Wort<br />

. hinneh weist auf die Gegen<strong>war</strong>t der Frau hin. Die beiden Substantive<br />

»die Frau, seine Nebenfrau« bezeichnen ihre untergeordnete<br />

Stellung. Der Ausdruck »hingefallen am Eingang des Hauses« schildert<br />

ihren Schmerz und ihre Ohnmacht in dramatischer Weise, und<br />

das rührende Detail »ihre Hände auf der Schwelle« rundet das Bild<br />

des Elends ab.<br />

Der Erzähler läßt die Frau zurückkehren an die Schwelle der Sicherheit,<br />

aber dann läßt er sie draußen. Ein ergreifendes Bild voll<br />

grausamer Ironie. Wird diese geschändete und dann liegengelassene<br />

Frau Mitleid oder Reue bei ihrem Herrn erwecken? Zwei hebräische<br />

Wörter geben die Antwort darauf. »Steh auf«, befiehlt er, indem er.<br />

sie zum ersten und einzigen Mal anredet. »Laß uns ziehen!« Wo<br />

sind die Worte, die zu ihrem Herzen sprechen sollten? Sicherlich<br />

nicht hier. Nirgendwo in dieser Geschichte hat die Schilderung des<br />

Herrn auch nur im geringsten darauf hingewiesen, daß er die vom<br />

Erzähler beschriebene Absicht ausfiihrte. Statt dessen zwingt er sie,<br />

sich nur nach seinen Plänen zu richten.<br />

»>Steh auf und laß uns ziehen.< Aber da <strong>war</strong> keine Antwort.« Ist sie<br />

tot oder lebendig? Die griechische Bibel sagt, »denn sie <strong>war</strong> tot«, und<br />

macht damit die Benjaminiter nicht nur zu Vergewaltigern und<br />

Folterern, sondern auch zu Mördern. Der hebräische Text dagegen<br />

schweigt sich darüber aus und läßt somit die Interpretation zu, daß<br />

diese mißhandelte Frau noch lebt. 49 Gequält und verzweifelt, sagt sie<br />

nichts. Wie ein Lamm, das zur Schlachtbank gefiihrt wird, und<br />

stumm wie ein Schaf vor seinen Scherern, öffnet sie ihren Mund<br />

nicht. »>Steh auf und laß uns ziehen.< Aber da <strong>war</strong> keine Antwort.«<br />

Ihr Schweigen, sei es aus Erschöpfung oder weil sie tot ist, hält den<br />

Herrn nicht im geringsten auf. Er fiihrt aus, wozu er im Licht des<br />

Morgens aufgebrochen <strong>war</strong>.<br />

Nachdem ersie aufseinenEsel gelegt hatte, »machte derMannsich auf<br />

undzog an seinen Ort.« Mitkeinem Wortwird die Reise beschrieben.<br />

Seine Mission ist beendet, wenn auch nicht so, wie der Erzähler es in<br />

Aussicht gestellt hatte.<br />

Weitere Gewalttaten<br />

Schluß. Richter 19,29-3°<br />

Mit ganz anderer Optik spielt der Schluß der Geschichte noch einmal<br />

auf die Einleitungan (19,1-2). Sowiedie ErzählungimGebirge Efrairn<br />

mitdem Leviten begann, sich dannabermitder Nebenfrau fortbewegte<br />

zuihres Vaters Haus nach Betlehemin Juda (19,1-2), so beginnenauch<br />

die abschließenden Verse im Haus des Herrn in Efrairn (19,29abc) und<br />

bewegen sich dannmitder Nebenfrauindas ganze Land Israel (19,29d­<br />

30). Aber die Unterschiede zwischen dem Anfang und dem Ende sind<br />

schreckenerregend. Die lebende Nebenfrau, die einst ihren Herrn<br />

verließ, wird zum toten Objekt seiner entsetzlichen Gewalttat. Ihre<br />

Entfernung von ihm ist jetzt sein Aufruf zur Rache geworden.<br />

Zu Hause angekommen,5 o verschwendet der Herr keine Zeit. In<br />

schneller Folge beschreiben vier Verben sein Tun: nahm, ergriff,<br />

zerschnittundsandte. »Er nahm (lql:t) das Messer« - nichteinMesser,<br />

sondern das Messer (19,29a). Wie provozierend ist dieser Satz, er<br />

wiederholt ein Detail aus der Opferung Isaaks! »Abraham . . . nahm<br />

(lql:t) .das Messer« (Gen 22,10). In der ganzen Schrift haben nur diese<br />

beiden Geschichten genau dieses Vokabular ge<strong>mein</strong>sam. Aber Abraham<br />

nahm das Messer ausdriicklich, »um seinen Sohnzu schlachten«.<br />

Vielleicht kann gesagtwerden,daß dies seineAbsicht<strong>war</strong>, weil es eben<br />

nichtgeschah; ein Engelverhinderte den MordanIsaak. AuchderHerr<br />

»nahm das Messer«. Beabsichtigt er, seine Nebenfrau zu schlachten?<br />

Die griechische Bibel schließt z<strong>war</strong> eine solche Möglichkeit aus, aber<br />

das Schweigen des hebräischen Textes läßt sie zu. Außerdem legt die<br />

einzigartige Parallele zu Abrahams Handeln sie nahe. Vielleicht wird,<br />

als er das Messer ergreift, die Absicht, sein Opfer zu erschlagen, hier<br />

nicht näher .beschrieben, weil es tatsächlich geschieht. Der Erzähler<br />

schützt jedoch seinen Helden durch Mehrdeutigkeit.<br />

»Er nahmdas Messer, underergriff (l:tzq) seine Nebenfrau«. Geschän-<br />

1.1.6

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