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Trible-mein_gott_war..

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ed.enneltl, ist sie weder allein noch isoliert. Sie verbringt die<br />

letzten Tage ihres Lebens, wie sie es sich ausbedungen hat.<br />

Am Ende der zwei Monate, zur festgesetzten Zeit, kehrt die Tochter<br />

zu ihrem Vater zurück (:11')9a). Schnell, ohne ein Urteil zu fällen,<br />

berichtet der Erzähler von der Tat: »Und er vollzog sein Gelübde an<br />

ihr, das er gelobt hatte« (:11,39b). Wie ganz anders ist diese<br />

Geschichte als die von Abrahams Opferung des Isaak, wo ein Detail<br />

nach dem anderen geschildert wird; um die Erzählung zu verlangsamen<br />

und die Spannung bis zum Höhepunkt zu steigern.<br />

Und als sie an die Stätte kamen, die ihm Gott gesagt hatte,<br />

baute Abraham dort einen Altar und legte Holz darauf<br />

und band seinen Sohn Isaak, .<br />

legte ihn auf den Altar oben auf das Holz.<br />

Und reckte seine Hand aus und faßte das Messer,<br />

daß er seinen Sohn schlachtete. (Gen 228-10; Luth)<br />

Bei dieser Geschichte ist die Spannung nur erträglich, weil Isaak<br />

verschont wird. Im letzten Augenblick nimmt der Engel des Herrn<br />

den Befehl »töte dein Kind« zurück durch ein anderes Gebot: »Lege<br />

deine Hand nicht an den Knaben und tu ihm nichts« (Gen 22,12a;<br />

Luth). Aber in der Geschichte von der Tochter des Jiftachs tritt kein<br />

Engel dazwischen, um das Kind zu retten. Der Vater führt das<br />

Gelübde genauso aus, wie er es formuliert hatte, und da ist kein<br />

Gott, kein Mann und keine Frau, die es widerruft. Darum erspart<br />

uns der Erzähler auch die Spannung und die Qual von Details; das<br />

Resultat an sich ist verabscheuungswürdig genug. Fünf hebräische<br />

Wörter erzählen die Geschichte: »Und-er-vollzog sein-Gelübde anihr,<br />

das er-gelabt-hatte« (:11')9C). Der Sohn wurde z<strong>war</strong> gerettet, die<br />

Tochter aber wurde geschlachtet. 46 »So wurd·e aus dem Sieg an<br />

diesem Tag eine Trauer« (2 Sam 19,2; Luth).<br />

Das Verb tun hat nun seine Funktion in dieser Episode erfüllt. »Tu<br />

mit mir gemäß dem, was aus deinem Munde ging«, hatte sie gesagt,<br />

»da Jahwe getan hat an dir Befreiung« (:11,)6). Und somit »tat er an<br />

ihr sein Gelübde, das er gelobt hatte« (:11')9b). Außerdem bringt<br />

uns die Erwähnung wieder zu dem Anfang der ganzen Szene zurück<br />

(:11,)0) und verbindet dadurch öffentliche und private Konflikte in<br />

einer Komposition von Kreisen. 47 Ein Gelübde führte zum Sieg; der<br />

Sieg verlangte ein Opfer; das Opfer starb -durch Gewalt; Gewalttätigkeit<br />

führte ihrerseits zur Erfüllung des Gelübdes. Vom Anfang<br />

bis zum Ende ist dieses ungläubige und furchtbare Gelübde das<br />

Subjekt; es beherrscht Vater und Tochter, wenn auch in verschiedener<br />

Weise. Selbst Gott, an den es gerichtet <strong>war</strong>, hüllt sich darüber in<br />

Schweigen. 48 Unter der Macht des Gelübdes tut die Tochter ihren<br />

letzten Atemzug. Mein Gott, <strong>mein</strong> Gott, <strong>war</strong>um hast du sie vergessen?49<br />

C. Ein Nachwort wird geschrieben, 11,]9C-40. Tod und Schweigen<br />

haben aber nicht das letzte Wort in der Geschichte. Das Nachwort<br />

des Erzählers geht vom Gelübde auf das Opfer über, vom Vater, der<br />

überlebt, auf die Tochter, die durch ihren vorzeitigen und gewaltsamen<br />

Tod ohne Nachkommen und Erinnerung bleibt (vgL 2 Sam<br />

18,18). Zu Beginn des Nachwortes betont der Erzähler noch einmal<br />

ihre Unfruchtbarkeit: »Sie hatte nie einen Mann erkannt« (11,)8c).<br />

Die drei anschließenden Wörter sind immer mit »und es <strong>war</strong>d<br />

Brauch in Israel« übersetzt worden (:11,39d; Luth); das Verb in dem<br />

Satz ist aber eine weibliche Singularform von sein oder werden. Da<br />

das Hebräische kein Neutrum kennt, können solche femininen<br />

Formen als Neutra aufgefaßt werden,5 0 so daß die traditionelle<br />

Lesart »es wurde« sicherlich legitim ist - aber sie ist nicht ganz<br />

korrekt. Vielmehr sprechen Grammatik, Inhalt und Kontext dafür,<br />

sich von dieser Übersetzung zu trennen. Schließlich hat ja der<br />

vorhergehende Satz sie als Subjekt: »Und sie hatte nie einen Mann<br />

erkannt«. Ein unabhängiges feminines Pronomen (hl) hebt das<br />

Subjekt hervor. Ebenso kann das grammatisch feminine Geschlecht<br />

des Verbs werden sich auf die Tochter selbst beziehenY Außerdem<br />

kann der Terminus, der gewöhnlich mit Sitte/Brauch (Mq) übersetzt<br />

wird, auch Tradition heißenY Die sich daraus ergebende<br />

Übersetzung würde lauten: »Sie wurde zu einer Tradition in IsraeL«<br />

Mit anderen Worten, das Nachwort berichtet von einer außergewöhnlichen<br />

Entwicklung in IsraeL Während eine Frau, die nie einen<br />

Mann erkannt hat, gewöhlich zu den Nicht-mehr-Erinnerten<br />

gezählt wird, ist es im Falle von Jiftachs Tochter ganz anders.<br />

»Obwohl sie nie einen Mann erkannt hatte, wurde sie nichtsdestoweniger<br />

zu einer Tradition in IsraeL« In dramatischer Weise ändert

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