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Trible-mein_gott_war..

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ereits jahrzehntelangen Tradition ist die vOJrliegellde<br />

Untersuchung von Phyllis <strong>Trible</strong> einzuordnen. Es ist das erste ins<br />

Deutsche übersetzte Buch der 1932 geborenen Autorin, die am<br />

Union Theological Seminary in New York als Professorin für Biblische<br />

Theologie lehrt. Beiträge von ihr sind allerdings schon übersetzt,<br />

so etwa »Gegen das patriarchalische Prinzip in Bibelinterpretationen«<br />

(englisch bereits 19731) in dem Sammelband »Frauenbefreiung.<br />

Biblische und theologische Argumente«, den Elisabeth<br />

Moltmann-Wendel herausgegeben hat.<br />

. Während im Alten Testament selbst zumeist Männer im Mittelpunkt<br />

der Erzählungen und des Interesses stehen, untersucht die<br />

Autorin vier traurige Frauengeschichten, die in der herkömmlichen<br />

Exegese kein eigenes Gewicht erhalten. Sie werden nur im Hinblick<br />

auf Männer, seien es ihre Ehemänner, Väter, Söhne oder Brüder<br />

überhaupt erwähnt: Hagar, die Prinzessin Tamar, die namenlose<br />

Frau Ri 19 und Jiftachs Tochter. Daß es Leidensgeschichten sind,<br />

wird durch ein jedem Kapitel vorangestelltes Motto, das überwiegend<br />

aus den Gottesknechtsliedern Deutero-Jesajas entnommen ist, .<br />

betont. Durch diese Verfremdung - es ist ungewohnt, solche<br />

Bibelstellen auf Frauen anzuwenden - wird der Aspekt des unschuldigen,<br />

unverdienten Leidens, der diese Frauenschicksale kennzeichnet,<br />

besonders hervorgehoben.<br />

Die Untersuchung der einzelnen Texte zeigt, daß die Erzählungen,<br />

werden sie einmal nicht mit männlichen Augen gelesen, wesentlich<br />

mehr über die Frauen selbst aussagen als die spätere Tradition und<br />

Interpretation wahrhaben will: die spätere androzentrische Auslegung<br />

hat das Ungleichgewicht und die Unscheinbarkeit von Frauen<br />

häufig noch verschärft, wie an sehr bezeichnenden Details aufgezeigt<br />

werden kann. (In den meisten Übersetzungen und Auslegungen<br />

der Hagargeschichte weint der Knabe, im hebräischen Text ist es<br />

aber Hagar, die weint; bereits die Septuaginta, die griechische<br />

Übersetzung des Alten Testaments, hat weibliche Formen in männliche<br />

geändert!)<br />

<strong>Trible</strong> geht von der Endform der Texte aus und versucht<br />

narrative Struktur jeder einzelnen Erzählung s~rgfältig heraus~uarbeiten<br />

und sie in ihrer Ganzheit auszulegen. Dabei bezieht sie sich<br />

stark auf den Essay von Zvi Adar »The Biblical Narrative«. Die<br />

die<br />

ge:5aIJrrte künstlerische Gestaltung eines Textes ist ihr wesentlich;<br />

Form, Inhalt und Bedeutung dürfen nicht voneinander getrennt<br />

werden. Dabei wird besonders auf die Symmetrie und die vielfältigen<br />

Stichwortverknüpfungen innerhalb der einzelnen Erzählungen<br />

geachtet. Die kunstvolle Struktur (man beachte die englischen Übersetzungen<br />

der Autorin) geht verloren, wird der Text vorschnell in<br />

Quellen aufgegliedert und zerstückelt, wie es in der üblichen<br />

deutschsprachigen alttestamentalen Exegese weitgehend geschieht.<br />

Dabei wird der Blick auf die Erzählung als ganze häufig verstellt.<br />

Die Verfasserin verbindet die historisch-kritische Literaturbetrachtung<br />

mit der feministischen Kritik. Literarkritik bezeichnet sie als<br />

ihre Methode, Feminismus als die Perspektive. So ist ihr Ansatz<br />

nicht neutral oder »objektiv«, was inlmer das sei. Sie hat einen<br />

klaren Standpunkt in der Art, daß sie sich mit den Frauen, deren<br />

Schicksal sie untersucht, auf den Weg macht und sich mit ihrer<br />

Geschichte identifiziert. Dieses Vorgehen bezeichnet sie als »intrinsisches<br />

Lesen«, eine Art der Betrachtung, die betroffen ist und nicht<br />

über die Frauen schreibt, die hier als Opfer geschildert werden,<br />

sondern sich mit ihnen solidarisiert. Aus »innerem Interesse an der<br />

Sache« beschäftigt sie sich mit diesen Texten. Ziel ist denn auch<br />

nicht ausschließlich Information, dieser Blickwinkel wird gewählt,<br />

danrrit durch das Nachdenken und Vergegenwärtigen dieser Leidensgeschichten<br />

solches sich nicht wiederholt. Mit einem ähnlichen<br />

hermeneutischen Ansatz arbeiten in den USA auch andere Exegetinnen,<br />

so Phyllis Bird, Rosemary Radford Ruether, Carol Meyers, um<br />

nur einige zu nennen.<br />

Folgende Punkte werden dabei besonders hervorgehoben: Einmal<br />

soll die Frauenfeindlichkeit in der Bibel selbst kiitisiert werden. Es<br />

gibt aber auch schon innerhalb der alttestamentlichen Texte eine<br />

sehr subtile Kritik am Patriarchat, eine Parteinahme rur die Schwachen<br />

und Unterdrückten. Diese interne Kritik wird sorgfältig hervorgehoben.<br />

Schließlich werden die »Geschichten des Schreckens«<br />

in memoriam erzählt, danrrit Reue und Mitgefühl mit diesen Frauen<br />

möglich wird. Auf diese Weise wird das Wieder-Erzählen ihres<br />

Schicksals auch zu einem Akt der Wiedergutmachung.<br />

Helen Schüngel-Straumann<br />

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