Trible-mein_gott_war..
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dieser Satz die Unwiderruflichkeit von Jiftachs glaubenslosem<br />
Gelübde. Die Veränderung wird durch die Treue der Frauen Israels<br />
bewirkt, wie es die nächste Zeile erklärt: »Und Jahr für Jahr gingen<br />
die Töchter Israels hin, um zu trauern um die Tochter Jiftachs, des<br />
Gileaditers, vier Tage im Jahr« (:11AO).53 Das namenlose jungfräuliche<br />
Kind wird zu einer Tradition in Israel, weil die Frauen, mit<br />
denen sie ihre letzten Tage verbrachte, sie nicht in Vergessenheit<br />
geraten ließen. Sie haben für sie ein Zeichen gesetzt: Sie trauern<br />
jedes Jahr um sie an einem bestimmten Ort.54 Dies haben sie zu<br />
ihrer Erinnerung getan (vgl. 1. Kor 1.1.,24~25)' Das Nachwort des<br />
Erzählers verschiebt den Brennpunkt der Geschichte vom Gelübde<br />
zum Opfer, vom Tod zum Leben, vom Vergessen zum Erinnern. Es<br />
ist bemerkenswert, daß diese Sage von Glaubenslosigkeit und Opferung<br />
ihre eigene Tragödie z<strong>war</strong> nicht auflöst, aber doch durch die<br />
Trauer der Frauen abschwächt.<br />
Reaktionen auf die Geschichte<br />
Von seiten der Schrift. »Bedeutet euch das alles nichts, euch, die ihr<br />
vorübergeht?« (Klgl1.,1.2a) Bedauerlicherweise haben die Schriften<br />
des Glaubens die Nuancen dieser Geschichte weder gesehen noch<br />
interpretiert. Jahrhundertelang hat die patriarchale Hermeneutik die<br />
Tochter Jiftachs vergessen und sich nur ihres Vaters erinnert, ja, ihn<br />
gerühmt. Das früheste Zeugnis davon haben wir in dem Schluß des<br />
Jiftach-Zyklus'. Er lenkt die Aufmerksamkeit von dem privaten<br />
Konflikt der Opferung auf eine öffentliche Konfrontation zwischen<br />
den Stämmen ab (1.2,1.-7).55 Von den Efraimitern herausgefordert,<br />
führt Jiftach die Gileaditer zu einem glorreichen Sieg. Der mächtige<br />
Krieger behauptet sich widerstandslos; die Gewalttat, die er an<br />
seiner einzigen Tochter verübt hat, ficht ihn überhaupt nicht an. 56<br />
Am Ende stirbt er eines natürlichen Todes und bekommt ein Epitaph,<br />
wie es einem vorbildlichen Richter zukommt (1.2,7).57 Und<br />
?eine militärischen Erfolge verhoerrlichen seinen Namen in den<br />
folgenden Jahren. Besonders der Prophet Samuel verkündet in<br />
Israel: »Jahwe sandte Jiftach ... und errettete euch aus der<br />
Hand eurer Feinde « (1. Sam 1.2,:11).<br />
Was das Alte Testament beginnt, setzen die Apokryphen fort. In<br />
Sirachs Lobgesang auf berühmte Männer ist, <strong>mein</strong>en wir, auch<br />
Jiftach mitge<strong>mein</strong>t.<br />
Und die Richter, jeder nach seinem Namen,<br />
die nicht Abgätterei trieben<br />
noch vom Herrn abfielen -'-<br />
auch ihr Gedächtnis bleibe im Segen!<br />
Ihre Gebeine mägen grünen, wo sie liegen;<br />
und ihr Name, auf ihre Kinder vererbt,<br />
werde gepriesen!5 8 (Sir 46,1.3-1.5; Luth)<br />
Was in den Apokryphen fortgesetzt wird,59 wird im Neuen Testament<br />
triumphal zum Abschluß gebracht. Im Hebräerbrief wird<br />
Jiftach ausdrücklich genannt als einer von denen, »welche haben<br />
durch den Glauben Königreiche beZWl;lngen, Gerechtigkeit bewirkt,<br />
. . . sind des Schwertes Schärfe entronnen, sind kräftig geworden<br />
aus der Schwachheit, sind stark geworden im Streit, haben der<br />
Fremden Heere zum Weichen gebracht« (Hebr :11,)2-34; Luth).<br />
Jiftach wird gerühmt, seine Tochter wird vergessen. Unglaube wird<br />
zum Glauben. So hat die Schrift die alte Geschichte umgedeutet,<br />
und doch hat jene Geschichte noch bis zum heutigen Tage Gültigkeit<br />
für uns, auf daß wir sie uns aneignen und daran genesen.<br />
Von seiten des Lesers. Wie die Töchter Israels erinnern wir uns der<br />
Tochter des Jiftach und trauern um sie. Durch ihren Tod sind wir<br />
alle herabgesetzt worden, durch unser Gedächtnis wird sie für<br />
immer geheiligt. Auch wenn sie keine »Überlebende« <strong>war</strong>, ist sie<br />
doch ein unverwechselbares Symbol für all die beherzten Töchter<br />
treuloser Väter geworden. So kurz ihre Geschichte auch ist, so regt<br />
sie doch die Phantasie an und fordert eine Reaktion des Lesers<br />
heraus. 60 Worte der Klage sind sicherlich angemessen, denn betrauerten<br />
nicht auch die Töchter Israels Jiftachs Tochter jedes Jahr? Die<br />
biblische Tradition selbst bietet ein Modell und einen Hintergrund<br />
für solch eine Reaktion: Die Klage Davids um Saul und Jonatan, für<br />
einen Vater und einen Sohn, die viel zu früh im Schlachtgetümmel<br />
umkamen (2 Sam 1.,1.9-27), Von Gram überwältigt, rief David: